IBM kauft Filenet und gibt Rätsel auf

Im Markt für Enterprise Content Management ist ein bedenklicher Kampf um Anteile entbrannt. Kaum war der Poker um die Übernahme von Hummingbird beendet, legte IBM gestern nach: Für 1,6 Milliarden Dollar will es mit Filenet einen seiner größten ECM-Rivalen kaufen. Der technische Sinn einer Fusion bleibt unklar.

Die Ankündigung kam für viele Marktbeobachter überraschend, folgt aber offenbar derselben Hoffnung, die auch Open Text getrieben hat: Marktanteile und Kunden. Und die Gelegenheit musste genutzt werden: In den letzten Monaten hatte die Filenet-Aktie bei 27 Dollar gelegen, war aber dann seit Ende Juli im Zusammenhang mit der Hummingbird-Übernahme immer höher bewertet worden, da die Börse nun auch über die Zukunft von Filenet zu spekulieren begann.

Das Angebot von 1,6 Milliarden Dollar oder 35 Dollar je Aktie liegt mit 35 Cent nur einen Punkt über dem gestrigen Schlusskurs (34,65 Dollar) von Filenet. Es gibt daher Spekulationen, die bescheidene Offerte könnte Mitbieter wie etwa Oracle auf den Plan rufen. Laut IBM und Filenet sei aber bereits eine endgültige Vereinbarung getroffen worden. Allerdings müssen die Aktionäre und Aufsichtsbehörden noch zustimmen.

Filenet mit Sitz im kalifornischen Costa Mesa hat sich seit seiner Gründung 1982 durch Zukäufe und Eigenentwicklung ein umfangreiches Portfolio für ECM aufgebaut. Es zählt heute zu den Top-5-Anbietern im Markt und betreut nach eigenen Angaben 4300 Kunden weltweit. Die rund 1700 Beschäftigten erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 421,8 Millionen Dollar bei einem Nettogewinn von 40 Millionen Dollar. Das erste Halbjahr 2006 (Ende: 30. Juni 2006) schloss das Unternehmen mit einem Umsatzplus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 226 Millionen Dollar und einem Nettogewinn von 18,7 Millionen Dollar. Hinzu kommen rund 450 Millionen Dollar in bar oder in kurzfristigen Anlagen.