GI warnt vor dem ‚Bundestrojaner’

Die Bundesregierung will heimliche Online-Durchsuchungen von Computern auf breiter Basis einsetzen. Die Gesellschaft für Informatik hält das für einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre.

Nach Auffassung der GI liefert die bisherige Debatte über Chancen und Risiken der Online-Durchsuchung keine hinreichende Begründung, Artikel 13 des Grundgesetzes über die Unverletzlichkeit der Wohnung zu ändern. „Es kann nicht angehen, dass Bürgerinnen und Bürger knapp 20 Jahre nach der Wiedervereinigung erneut Sorge haben müssen, dass sie durch den Staat ohne ihr Wissen ausspioniert werden“, sagt GI-Präsident Mathias Jarke. Die Durchsuchung des heimischen Computers sei bei gravierenden Verdachtsmomenten auch heute schon durch Beschlagnahmung des Geräts möglich, so Jarke weiter.

Erschreckend sei, wie planvoll die Legalisierung der Online-Durchsuchung bereits seit längerem vorbereitet und auch schon eingesetzt werde. Am 20. Dezember 2006 verabschiedete der Landtag von Nordrhein-Westfalen ein neues Verfassungsschutzgesetz. Seitdem ist der Einsatz sich selbst installierender Programme und der „heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 11) erlaubt.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 31. Januar 2007 ist eine verdeckte Online-Durchsuchung nach geltendem Recht unzulässig. Daher wird nun auf Bundesebene über die Schaffung einer gesetzlichen Befugnis für die in den Medien „Bundestrojaner“ genannte Spionagesoftware debattiert. Zusätzliche Haushaltsmittel dafür wurden bereits im Herbst 2006 bereitgestellt und die Personalstellen aufgestockt. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Online-Durchsuchungen bereits seit 2005 auf Basis einer Dienstvorschrift des damaligen Bundesinnenministers Otto Schily durchgeführt wurden.

Eine Online-Durchsuchung ermöglicht neben dem Auslesen und Kopieren von allen Daten des ausgespähten Rechners auch das Manipulieren der Dateien. Private Kommunikationsinhalte, Bilder, Filme oder Adressen können kopiert sowie Webcams und Mikrofone am heimischen Computer ferngesteuert werden – ohne Kenntnis des Benutzers, ohne Protokoll und ohne Zeugen.

Von der Spionagesoftware der Ermittlungsbehörden ausgenutzte Lücken in Computersystemen oder Fehler bei der Programmierung können ihrerseits von Wirtschaftskriminellen oder anderen Trittbrettfahrern ausgenutzt werden. Dies könnte, so bereits Warnungen der deutschen Sicherheitsindustrie, mittel- und langfristig auch zu einem gravierenden Vertrauensverlust in die Sicherheit deutscher und europäischer Sicherheitstechnologie führen.

„Wir warnen deshalb angesichts des weit reichenden Eingriffs in Grundrechte und der Gefahren für die Sicherheit von Computersystemen vor dem Einsatz der heimlichen Online-Durchsuchung“, so der GI-Präsident. (dsc)

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