Gemeinsam sind wir stark

Neue Definition und Konzept von ERP

Der Begriff ERP hat mit dem Enterprise Resource Management alter Couleur nur noch wenig zu tun. Die Gartner Group, auf die dieser Begriff zurückgeht, spricht deshalb heute lieber von der zweiten Vision ERP II. Das Konzept betrifft dabei gleichermaßen Unternehmensstrategie und Anwendungswelt. Neu ist insbesondere die Transformation der vertikal integrierten Organisationsformen mit verbesserten internen Unternehmensfunktionen in agile, um Kernkompetenzen aufgebaute Einheiten. Mit diesen kann sich ein Unternehmen optimal im Rahmen einer Lieferkette oder eines Wertschöpfungs-Netzwerks positionieren. Für die Gartner-Analysten ist es ausgemacht, dass diese Entwicklung die Anwender zwingt, ihre ERP-Prozesse und -Systeme vollkommen zu überarbeiten. Angesichts dieser Entwicklung ist Gartner auch überzeugt, dass der überwiegende Teil der heutigen monolithischen ERP-Systeme beim Anwender obsolet wird - sowohl in architektonischer Hinsicht als auch aus der Perspektive des eigentlichen Geschäftes.

Dieser Umstieg, das wissen auch die Gartner-Leute, kann nicht von heute auf morgen geschehen. Die meisten Anwender werden sich schrittweise durch Upgrading ihrer Software der neuen Anwendungswelt nähern. Trotzdem bedeutet der Wandel bei den Unternehmen für ERP-Anbieter gleichermaßen Chance wie Risiko. Chance, weil sie die Firmen auf ihrem Weg in die neue Welt begleiten und dabei verdienen; Risiko, weil in der Regel große Entwicklungsaktivitäten und funktionale Erweiterungen erforderlich werden.

So erachten es Analysten wie Jean-Christian Jung von PAC (www.pac-online.de) als grundsätzlich einfacher, sich beispielsweise aus der ERP-Ecke der SCM-Thematik zu nähern. Sie wissen auf der anderen Seite aber, dass sich nicht jedes Unternehmen die Entwicklung leisten kann. Jung beziffert den Konsolidierungstrend: Hätten 1999 noch rund 40 Hersteller 89 Prozent aller Lizenz- und Wartungsumsätze im deutschen ERP-Markt gemacht, werden in drei Jahren die Top 30 allein 90 Prozent des Marktvolumens auf sich vereinen.

Trotz dieses Konzentrationsprozesses hat sich bei den ERP-Anbietern die Überzeugung breit gemacht, dass sie nicht mehr im Alleingang den Unternehmen sämtliche Software liefern können. Im Gegensatz zu früheren Strategien folgen sie in der Zwischenzeit mehr und mehr dem Best-of-Breed-Gedanken und bieten auch Fremdprodukte an. Allerdings kristallisiert sich dabei nicht jede Partnerschaft als tragfähig heraus. So scheint beispielsweise das SAP-Bündnis mit Commerce One bei den Marktplätzen und der Beschaffungslösung zu funktionieren, während die CRM/Call-Center-Partnerschaft mit Clarify/Nortel wieder der Vergangenheit angehört. Gar nichts mehr von dem Best-of-Breed-Gedanken hält im Übrigen Oracle-Chef Larry Ellison, der die Anwender auffordert, alles bei seinem Unternehmen zu kaufen.

Die AMR Research-Berater warnten jüngst in einer Forschungsnotiz, die Etikettierung an Programmen nicht misszuverstehen. Denn für sie gibt es weder die Anwendungskategorien, noch den einen Geschäftsprozess, der C-Commerce ausmacht. Auch dürfe man das Ganze nicht allein auf die bloße Technik reduzieren. Die Empfehlungen, wie Firmen ihrer Ansicht nach C-Commerce angehen sollen, lassen den organisatorischen Aspekt immer wieder durchscheinen. So muss für AMR zunächst der interne Integrationsprozess vollendet sein, um mit einer klaren Zielvorgabe in Verhandlungen mit potenziellen Partnern treten zu können. Zudem sollte man eine Vorstellung davon haben, welche Daten mit Kunden und Lieferanten zur Performance-Verbesserung geteilt werden müssen. Die Analyse und Definition der eigenen Collaboration-Rolle und Philosophie hat jedoch oberste Priorität.

Um diese vielfältigen Aspekte einzufangen, entwarf AMR Research mit ECM (Enterprise Commerce Management) ein neues Modell für den Transformationsprozess. Es umfasst eine Infrastruktur, die Funktionalität in Form von Service bereitstellt, eine Unternehmensplattform für Kunden-, Lieferanten-, Produkt- und Personal-Management, sowie spezifische Implementierungen zur Unterstützung unternehmenseigener strategischer Programme und Aktivitäten. Collaboration ist dabei laut AMR Research aber nur eine, wenn auch bedeutende, Komponente des Modells. Eine (technologische) Schlüsselrolle hierbei übernehmen im Übrigen die PTX (Private Trading Exchange), deren Aufgabe die Unterstützung sämtlicher externer Interaktionen inklusive Collaboration ist.

SCP-Anwendungen (Supply Chain Planning) werden bis 2005 die Aufgaben klassischer MRP-Funktionen (Materials Requirements Planning) übernehmen. (sf)

Zur Person

Achim Born

ist freier Journalist in Köln.