Gates verlässt den Zeugenstand - als Sieger?

Am dritten und letzten Tag seiner Vernehmung hat Bill Gates - wie gewohnt - die Forderungen der Kläger nach einem modularen Windows als Todesstoss bezeichnet. Eine abgespeckte Version ist für Gates ebenso unmöglich wie die Entnahme des Herzens bei einem Menschen, unter der Auflage, alle Körperfunktionen zu erhalten.

Bill Gates und Steven Kuney, Anwalt der Klägerseite, gingen am letzten Tag des Kreuzverhörs ins Detail. Kuney brachte Windows XP Embedded ins Spiel, das seiner Meinung nach die Forderungen nach einem abgespeckten, modularen Windows bereits erfülle. Er präsentierte dazu Screenshots einer Microsoft-Webseite, auf der zum Beispiel unterschiedliche Browser-Versionen für Lizenznehmer von Windows Embedded angeboten werden. Das sei nicht vergleichbar, erwiderte Gates. Windows (XP) Embedded enthalte zum Beispiel keinen Installer. Dadurch sei es unmöglich, neue Software aufzuspielen. Außerdem verbiete die Embedded-Lizenz einen Einsatz auf PCs.

Dass Bill Gates durch die Forderung der Staaten nach einem anpassbaren Windows eine Fragmentierung von Windows bis hin zur Unbenutzbarkeit befürchtete, versuchte Kuney ebenfalls zu entkräften. Microsoft selbst verlange doch vom Benutzer bei jedem neuen Release von Windows eine Einarbeitungsphase in die Änderungen. Das sei richtig, stimmte Gates zu. Aber das betreffe nur die Benutzer-Oberfläche. Um sich darauf einzustellen, brauche man keinen Kurs zu besuchen. Wichtig sei, dass Microsoft für Software-Entwickler eine einheitliche Plattform bieten könne.

Gates sagte im Verlauf der Vernehmung, es sei unmöglich, Windows mit allen Funktionen zu erhalten, wenn der Media Player entfernt werden müsste. Kuney hatte gefragt, ob es nicht möglich sei, Windows so zu verändern, dass die für das Betriebssystem relevanten Funktionen des Media Players erhalten bleiben, und nur die Abspielfunktion gesperrt sei.

Das würde bedeuten, dass man den Media Player von Grund auf neu entwickeln müsste, um ihn dann erneut ins Betriebssystem zu integrieren, sagte Gates. Und diese Integration sei durch die Auflagen der Staaten verboten. Gates verglich den Vorschlag mit der Entnahme des Herzens bei einem Menschen mit der Auflage, alle Körperfunktionen zu erhalten, ohne das Herz wieder einsetzen zu dürfen.

Für Prozessbeobachter hat Bill Gates einen vergleichsweise positiven Eindruck hinterlassen. Bei seinem Videoauftritt im Prozess vor vier Jahren war Gates vorgeworfen worden, wie ein arroganter Schnösel aufzutreten. Auch vom damaligen Richter Thomas Penfield Jackson, der Gates als aufsässig und schlecht vorbereitet empfunden hat. Einige Analysten glauben, dass der Prozess bereits zu Gunsten von Microsoft entschieden sein könnte, wäre Gates vor vier Jahren so gefasst und vorbereitet aufgetreten wie jetzt. Weitere Meldungen zum Prozess finden Sie in der tecHistory. (uba)