Work-Life-Balance in der Personalpoltik

Führungskräfte mit Kontrollzwang sind out

Nach wie vor gilt die Binsenweisheit, Mitarbeiter zu binden, hängt von der Qualität der Führungskräfte ab. Doch bei der Umsetzung erfolgreicher Personalpolitik liegt offenbar noch einiges im Argen.

Bei der Förderung von Führungskarrieren, Personalentwicklung oder Frauenförderung klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander - so zumindest lautet das Fazit des Hays-HR-Reports 2014/2015 "Schwerpunkt Führung". Die Studie basiert auf Angaben von 665 Entscheidern in Deutschland, Österreich und Schweiz und wurde vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) der Hochschule Ludwigshafen betrieben.

Hays-Manager Frank Schabel beschreibt, wie unterschiedlich die Beurteilungen der befragten Entscheider ausfallen: "Legen die Führungskräfte laut ihrer eigenen Einschätzung großen Wert auf Wertschätzung, Weiterbildung und Work-Life-Balance, sehen die Mitarbeiter ohne Führungsrolle diese Maßnahmen noch längst nicht umgesetzt."

Führungskraft durch Zufall

Ein gutes Beispiel für die unterschiedliche Sichtweise ist seiner Meinung nach die Frage nach der Förderung von Führungskarrieren. Während Geschäftsführung und HR-Abteilung hier etwa auf Talent-Management und systematische Planung verweisen, sagen diejenigen ohne Führungsverantwortung kurz und bündig "durch Zufall". "Das heißt letztlich, dass viele Themen nur verbal besetzt sind, aber nicht gelebt werden", betont Schabel. Dasselbe gilt seiner Erfahrung nach für das Thema Frauenförderung. In puncto Mitarbeiterbindung spricht sich fast jeder der Befragten für eine wertschätzende Unternehmenskultur aus. Dass sie in ihrem Betrieb auch praktiziert wird, daran glauben aber nur 53 Prozent der Führungskräfte.

Zunehmend wichtig ist laut Studie der Wunsch der Beschäftigten, in "Bewegung" und "in Balance" zu bleiben. Tatsächlich wollen die Entscheider die Beschäftigten besser motivieren, mehr für ihre Fortbildung tun und ihnen ihre Entwicklungsmöglichkeiten besser aufzeigen. Hinzu kommen noch Themen wie Gesundheitsförderung sowie die Führungskraft als Personalentwickler. "Schaut man sich die Zahlen der Studie an, sind die dafür erforderlichen Personalinstrumente jedoch noch nicht hinreichend umgesetzt", meint Schabel. Dies gelte besonders für die Realisierung der Work-Life-Balance sowie die Modelle von Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

IT-Unternehmen haben Vorreiterrolle inne

Auch wenn sich die Befragten einig sind, dass diese Themen vorangetrieben werden müssen, ist es laut Schabel nicht so einfach, alte Strukturen aufzulösen. Und je weniger das Topmanagement entsprechende Flexibilität vorlebe, desto länger dauere die Umsetzung. Viele IT-Unternehmen, IT-Dienstleister und Beratungshäuser könnten hier durchaus als Vorbild für andere Branchen dienen. Sie hätten in puncto Personalentwicklung schon immer eine Art Vorreiterrolle eingenommen. Schließlich gehörten mobile Jobs und die Nutzung innovativer Techniken in der IT schon längst zum Alltag.

Auch bei dem Thema Fach- und Führungskarriere sieht Schabel die IT weiter als die Industrie: "In der IT hat ein guter Entwickler, auch wenn er keine Führungskraft ist, mittlerweile eine relativ gute Karriereoption, auch was das Gehalt betrifft." Die IT habe hier zum Teil bereits moderne Karriere- und Bezahlungsmodelle zu bieten.