Verfassungsrat bestätigt Gesetz

Frankreich: Internetsperre gegen Online-Piraten abgesegnet

Das umstrittene Anti-Piraterie-Gesetz „Hadopi“ wurde vom französischen Verfassungsrat abgesegnet. Die Reaktionen auf diese Entscheidung sind höchst unterschiedlich.

Das als „Hadopi“ (Haute Autorité pour la Diffusion des oeuvres et la Protection des Droits sur Internet) bekannte Gesetz sieht vor, dass Online-Piraten bei mehrfachen Urheberrechtsverstößen für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr vom Web gesperrt werden können. Auch Geldstrafen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro und Freiheitsstrafen werden dadurch möglich. Die Richter erklärten sich zudem mit dem Vorschlag einverstanden, dass Filesharer mit einem beschleunigten Verfahren vor Gericht abgeurteilt werden können. Mit der Verabschiedung des auch unter dem Begriff "Three-Strikes-Modell" bekannten Gesetzesentwurfs, der von Staatspräsident Nicolas Sarkozy persönlich initiiert worden ist, positioniert sich Frankreich endgültig als globaler Vorreiter in Sachen Anti-Piraterie-Gesetzgebung. "Frankreich sieht sich als Speerspitze", erklärt David El Sayegh, Director General des französischen Musikindustrieverbandes. Piraterie sei aber kein rein nationales, sondern ein weltweites Problem.

Die Reaktionen auf den Gesetzesvorstoß Frankreichs könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Oppositionsparteien und Bürgerrechtsbewegungen in der Sperre des Internetzugangs einen Angriff auf die Informationsfreiheit sehen, sprechen Vertreter der Film- und Musikindustrie von einem "enorm wichtigen Sieg" für Kreativschaffende. "Die Regierung Frankreichs hat erkannt, dass digitaler Diebstahl eine ernste Bedrohung für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum darstellt", zitiert Cnet Rick Cotto, Executive Vice President und General Counsel bei NBC Universal.

"Heute ist ein sehr trauriger Tag für die Internetfreiheit in Frankreich", heißt es hingegen von Jeremie Zimmermann, Sprecher der Bürgerrechtsbewegung La Quadrature du Net. Das von der Regierung Sarkozy vorangetriebene Gesetz sei gefährlich, nutzlos, ineffizient und sehr risikoreich für die Bürger Frankreichs. Da Computerhacker heute ohnehin problemlos die Identitäten der Nutzer missbrauchen könnten, sei nicht auszuschließen, dass mit der Rechtsverschärfung die völlig falschen Leute bestraft werden würden. "Die Einführung des Three-Strike-Modells in Frankreich wird von uns ausdrücklich begrüßt", betont Matthias Leonardy, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), auf Anfrage von pressetext. Frankreichs Initiative für eine staatliche Regelung der Provider-Verantwortung bei massenhaften Rechtsbrüchen unter Nutzung ihrer Dienste setze Maßstäbe und werde sicherlich auch eine starke internationale Signalwirkung haben.

"Für Deutschland plädieren wir für ein Modell mit den Stufen Aufklärung, Warnung und Sanktion", erläutert Leonardy. Vorstellbar seien etwa schrittweise verschärfte Maßnahmen wie Einschränkungen der Bandbreite oder Blockierung bestimmter Ports, sodass beispielsweise keine P2P-Software mehr benutzt werden kann. "Eine Internetsperre kann nur Ultima ratio sein und muss staatlicher Kontrolle unterliegen", so Leonardy abschließend. (pte/mje)