Durchbruch in der Nanotechnologie

Forscher messen Ladungszustand von Atomen

In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten Regensburg und Utrecht konnten IBM-Forscher zum ersten Mal den Ladungszustand von einzelnen Atomen direkt mittels Rasterkraftmikroskopie (RKM) messen.

Die Präzision, mit der sie dabei zwischen ungeladenen beziehungsweise positiv oder negativ geladenen Atomen unterscheiden konnten, betrug eine einzelne Elektronenladung bei einer nanometergenauen räumlichen Auflösung. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung von Nanostrukturen und Bausteinen auf atomarer und molekularer Skala in Anwendungsbereichen wie etwa der molekularen Elektronik, der Katalyse oder der Photovoltaik.

Leo Gross, Fabian Mohn und Gerhard Meyer vom IBM Forschungslabor Zürich und Kollegen der Universitäten Regensburg und Utrecht berichten, wie sie einzelne, unterschiedlich geladene Gold- und Silberatome abbilden und deren Ladungszustand aufgrund kleinster Unterschiede in der Kraft zwischen der Spitze eines Rasterkraftmikroskops und diesen Atomen exakt bestimmen konnten.

Modell des Versuchsaubaus (rechts) und Messung der der Kraftdifferenz zwischen einem neutralen Goldatom und einem Goldatom mit einem zusätzlichen Elektron (rechts). (Quelle: IBM)
Modell des Versuchsaubaus (rechts) und Messung der der Kraftdifferenz zwischen einem neutralen Goldatom und einem Goldatom mit einem zusätzlichen Elektron (rechts). (Quelle: IBM)
Foto: MICHAEL ECKERT

Für ihre Experimente verwendeten die Forscher eine Kombination aus Rastertunnel- (RTM) und Rasterkraftmikroskop (RKM), betrieben im Ultrahochvakuum und bei tiefen Temperaturen (5 Kelvin), um die für die Messungen notwendige Stabilität zu erreichen.

Ein RKM misst mittels einer atomar feinen Spitze, die auf einem schwingenden Federbalken angebracht ist, die Kräfte, die zwischen dieser Spitze und den Atomen auf dem Substrat auftreten. In der vorliegenden Arbeit verwendeten die Forscher einen so genannten qPlus-Kraftsensor, bei dem die Spitze auf einem Zinken einer Stimmgabel, wie man sie in mechanischen Uhrwerken von Armbanduhren findet, angebracht ist, während der andere Zinken fixiert ist. Die Stimmgabel wird mechanisch angeregt und schwingt mit einer Amplitude von 0.02 Nanometer. Dies entspricht nur etwa einem Zehntel des Durchmessers eines Atoms. Wird die RKM-Spitze nun sehr nah über der Probe, etwa über einem einzelnen Atom, platziert, verändert sich die Resonanzfrequenz der Stimmgabel aufgrund der Kräfte, die zwischen Probe und Spitze auftreten.

Mit dieser Methode und unter extrem stabilen Bedingungen konnten die IBM Forscher nun die minimalen Unterschiede in der Kraft messen, die zwischen Spitze und einzelnen, unterschiedlich geladenen Atomen herrscht. Die Kraftdifferenz zwischen einem neutralen Goldatom und einem Goldatom mit einem zusätzlichen Elektron, beträgt nur etwa 11 Pikonewton, gemessen bei einer minimalen Distanz zwischen Spitze und Probe von ungefähr einem halben Nanometer. Die Messgenauigkeit dieser Experimente liegt im Bereich von 1 Pikonewton, was der Gravitationskraft entspricht, die zwei Menschen in einem Abstand von mehr als einem halben Kilometer aufeinander ausüben. Die Forscher bestimmten zudem, wie sich die Kraft mit der zwischen Spitze und Probe angelegten Spannung veränderte. Dies erlaubte die Unterscheidung, ob das entsprechende Atom negativ oder positiv geladen war.