Relaxen will gelernt sein

Feierabend - Entspannung verzweifelt gesucht

Führungskräfte stehen sich selbst im Weg

Besonders Führungskräfte schrauben die eigenen Ansprüche ans Entspannen höher. "Mit dem Motto 'work hard play hard' stehen sich viele selbst im Weg", sagt Markus Brand, Diplompsychologe, Management-Trainer und Geschäftsführer der Kölner Firma b2 consulting. "Da wird dann nach der Arbeit für den Marathon trainiert oder ein so genannter Wellness-Tag eingelegt, der völlig durchgetaktet ist mit Anwendungen und Massagen." So etwas helfe kaum, zur Ruhe zu kommen.

Weiterer Entspannungskiller: der Management-Modebegriff "Work Life Balance". Seine ständige Erwähnung suggeriert, dass sich Karriere und pünktlicher Dienstschluss auch für Manager keinesfalls ausschließen. Kein Wunder, dass viele Führungskräfte das Gefühl haben, beim heimlichen Wettbewerb um den ausgeglichensten Job ins Hintertreffen zu geraten. Der Kollege schafft es doch schließlich auch, die Projekte pünktlich und fehlerfrei abzuschließen und trotzdem noch Zeit für die Schulaufführung seiner Tochter zu haben.

Demgegenüber steht die Erwartungshaltung der Arbeitgeber, die - wie eh und je - vollen Einsatz für die Firma fordern. "Theoretisch mag sich die Erkenntnis durchsetzen, dass effizientes Arbeiten nicht mit der Zahl der Arbeitsstunden korreliert", so Mayrhofer. "Praktisch aber schwören die meisten Unternehmen noch immer auf die Devise ,Mehr zu arbeiten ist besser als weniger zu arbeiten'."

Firmen kennen das Problem und versuchen gegenzusteuern wie Hewlett Packard (HP) in Böblingen. "Das Unternehmen profitiert vom Wohl und der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter", sagt Gert Mamber, in der Personalentwicklung für Bildungsfragen in Westeuropa verantwortlich. "Die Work Life Balance unserer Mitarbeiter verstehen wir daher als gemeinschaftliche Aufgabe von den Betroffenen selber, ihren Vorgesetzten und der Organisation." Nach dem Motto "Abschalten ist erlernbar" trainiert HP seine Mitarbeiter in Sachen Entspannungskompetenz seit fünf Jahren.

Das Projekt "Take care" umfasst therapeutische Hilfe übers Intranet und in Gesprächskreisen sowie Kurse mit Medizinern und Physiotherapeuten. Auch Benediktinerpater Anselm Grün war im Rahmen von "Take care" schon mal Gast. "Der Bedarf für Beratung zum Abschalten ist da", sagt Projektleiter Mamber. Sein Ziel: Das Projekt sollte sich selber überflüssig zu machen. "Derzeit sieht es jedoch noch nicht danach aus", sagt er schmunzelnd.