Ex-CompuServe-Chef Felix Somm im Interview

"Ich würde das Gleiche heute noch tun"

tecChannel: Was haben Sie im Mai 1998 direkt nach dem Urteil gemacht?

Somm: Ich bin nach Hause in die Schweiz gefahren, und brauchte ein paar Tage, um erstmal den Kopf freizuräumen. Ich habe zum Glück viel Zuspruch bekommen, auch von der Verteidigung. Ich habe dann mit Herrn Middelhoff telefoniert, die Industrie ist also wie ein Mann hinter mir gestanden. Es war beruhigend, wenn einem jemand hilft, wenn man so eine Durststrecke vor sich hat.

tecChannel: Was hat Ihnen Herr Middelhoff, Vorstandsvorsitzender des Bertelsmann-Konzerns, zu dem nun auch CompuServe gehört, denn gesagt?

Somm: Er hat sehr viel persönliches Verständnis gezeigt, und mir versichert, dass die Unterstützung durch CompuServe auch weitergeht. Unser Ziel war es, das Ganze gemeinsam durchzustehen und letztlich auch zu gewinnen. Für mich war damals sehr wichtig, dass er das nicht nur als Industrie-Thema gesehen hat, sondern auch als eine persönliche Angelegenheit.

tecChannel: Der Richter selbst hat heute nochmals betont, dass Sie 1995 und 1996 alles getan haben, um den Strafverfolgungsbehörden zu helfen. Haben Sie das jemals bereut?

Somm: Eigentlich nicht. Für mich war immer das Ziel: Wir wollten etwas dagegen tun. CyberPatrol war sicher die beste damals mögliche Lösung, wenn wir andere gehabt hätten, hätten wir auch das noch gemacht. Jeden, den man irgendwo erwischen konnte, wollten wir erwischen. Wir haben bei der ersten Durchsuchung schon gesehen: Die Polizei hat sehr, sehr wenig Ahnung, wie das Internet funktioniert. Sie hatte Null Ahnung, wie man irgendeine Spur zurückverfolgen kann. Und damals haben wir gesagt: Wir haben die Experten da, also nutzt die, denn wir haben ein Interesse, dass die gefasst werden. Ich würde das Gleiche heute noch tun. Wenn wir irgendjemandem helfen können, einen Verbrecher zu finden, und wir haben auch in der heutigen Firma die Experten, dann bin ich der Erste der sagen würde: Die Zeit ist gut investiert