Warnung an die USA

Europa macht ernst mit dem Datenschutz

Selten waren sich die Europäer so einig: Europa muss sich besser schützen gegen das Ausspähen durch US-Geheimdienste. Strengere Auflagen und Geldbußen für Internetkonzerne sollen helfen. Die lange umstrittene EU-Datenschutzreform bekommt neuen Schwung.

Nach der US-Ausspähaffäre macht Europa ernst mit dem Datenschutz: US-Internetkonzerne sollen schon bald melden müssen, wenn sie Daten von EU-Bürgern an Behörden weitergeben. Verstoßen Google, Facebook & Co. gegen EU-Prinzipien, drohen ihnen Geldbußen von bis zu zwei Prozent ihres Jahresumsatzes.

Die EU-Justizminister verständigten sich am Freitag im litauischen Vilnius im Grundsatz auf diese Reformen von Europas Datenschutzregeln. EU-Justizkommissarin Viviane Reding sagte: "Das heutige Treffen hat eine starkes Signal gesendet." Die Mehrheit der Staaten sei sich einig, eine bestehende Datenschutzvereinbarung mit den USA ("Safe Harbor"/deutsch: sicherer Hafen) zu verschärfen.

Die lange umstrittene Reform hat durch die jüngsten Enthüllungen einen neuen Schub bekommen. Nach dem Willen der EU-Minister soll die Reform im nächsten Jahr beschlossen sein, auch das EU-Parlament muss zustimmen. "Bis 2014 muss alles unter Dach und Fach sein", sagte Reding. Großbritannien hat laut EU-Diplomaten Vorbehalte, allerdings genügt im Ministerrat eine Mehrheit der Stimmen.

Deutschland und Frankreich präsentierten in Vilnius eine gemeinsame Initiative. Die jüngsten Enthüllungen über das Überwachungsprogramm "Prism" des US-Geheimdienstes NSA seien beunruhigend, heißt es in dem gemeinsamen Brief von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und ihrer französischen Amtskollegin Christiane Taubira. Bürger müssten wissen, "in welchem Umfang und zu welchem Zweck (ihre) Daten an ausländische öffentliche Behörden weitergegeben werden".

Die geplante EU-Datenschutzreform soll das Recht des Bürgers an seinen persönlichen Daten gegenüber großen Internetkonzernen stärken. Personenbezogene Daten sind etwa Name, Fotos, Kontakte, Einträge in sozialen Netzwerken oder IP-Adressen. Auch Regeln für die Datenverarbeitung in Firmen und Behörden gehören dazu. Die geplanten Geldstrafen für Internetfirmen sind laut Kommissarin Reding ein wichtiges Druckmittel: "Das ist der Biss, den wir brauchen, damit europäisches Recht auch in die Praxis umgesetzt wird."

Die EU-Kommission droht den USA mit Änderungen oder sogar der Aufkündigung des "Safe-Harbor"-Verfahrens über den Austausch personenbezogener Daten. "Safe Harbor ist eher ein Schlupfloch denn eine Absicherung unserer Bürger", sagte Kommissarin Reding. "Und dann gehört dieses Schlupfloch geschlossen." Bis Jahresende werde die Kommission eine Analyse dazu vorlegen.

Die "Safe-Harbor"-Vereinbarung von 1998 ermöglicht es Unternehmen, personenbezogene Daten von EU-Bürgern legal in die USA zu übermitteln - obwohl die USA kein dem EU-Datenschutz vergleichbares Niveau haben. Grundlage ist das Prinzip der Selbstregulierung, so können US-Firmen sich registrieren lassen und müssen sich verpflichten, bestimmte Prinzipien einzuhalten.

Nach Worten Redings ist dies auch ein Hebel in den laufenden Verhandlungen mit den USA über ein Freihandelsabkommen, "um den Amerikanern zu verstehen zu geben, ohne Datenschutz geht es nun mal nicht". Leutheusser-Schnarrenberger sprach davon, Europa habe nun "einen guten Strauß zusammen, um mehr Druck zu machen".

An dem Treffen nahm auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) teil. Er sagte: "Alle Kollegen hier aus den Mitgliedstaaten sind sich einig, dass wir Konsequenzen ziehen müssen aus dem, was die amerikanischen Geheimdienste unternehmen." Das Treffen fand in Litauen statt, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. (dpa/ad)