EU-Rat beschließt umstrittene Richtlinie zu Software-Patenten

Der EU-Rat hat laut einer Mitteilung der Initiative NoSoftwarePatents.com heute seinen "gemeinsamen Standpunkt" zur Software-Patent-Richtlinie formal beschlossen - gegen den erklärten Willen verschiedener Mitgliedsländer.

Der Text war am 18. Mai 2004 vereinbart worden und hat aus Sicht von Kritikern inzwischen keine Mehrheit mehr. Seine Verabschiedung war deswegen zuvor mehrfach gescheitert.

Der luxemburgische Minister, der die heutige Ratssitzung leitete, kommentierte: "Wir nehmen heute diesen gemeinsamen Standpunkt aus institutionellen Gründen an, um keinen Präzedenzfall zu schaffen", der Auswirkungen auf andere Verfahren im Rat hätte.

Der dänische Wirtschaftsminister Bendt Bendtsen erklärte, dass Dänemark eine Neuverhandlung des Ratstextes bevorzugt hätte, aber dass er "nicht einer formalen Annahme im Weg stehen" wollte. Deshalb habe er sich dazu entschieden, lediglich dem Richtlinienvorschlag des Rats eine schriftliche Erklärung beizufügen. Der Europa-Ausschuss des dänischen Parlaments hatte ihm am Freitag die Weisung erteilt, eine Neuverhandlung des umstrittenen Standpunktes zu verlangen.

Verschiedene andere Länder hatten zuvor bereits unilaterale Erklärungen zur Distanzierung eingereicht, darunter Ungarn, Lettland, die Niederlande, Polen und Zypern.

Das Europa-Parlament hat nun drei Monate Zeit, um den Vorschlag abzulehnen oder zu modifizieren. Es benötigt dazu jeweils eine absolute Mehrheit der Mitglieder (367 Stimmen, unabhängig von Abwesenheiten und Enthaltungen).

Florian Müller, Kampagnenleiter von NoSoftwarePatents.com, kommentierte: "Wir Software-Patentgegner müssen nicht sonderlich viele Worte darüber verlieren, dass dieser Vorschlag keinerlei demokratische Legitimation hat. Sogar der heutige Sitzungsleiter gab das unumwunden zu." Man müsse sich nun voll auf eine zweite Lesung im Europa-Parlament konzentrieren: "Als Vorsichtsmaßnahme müssen wir parallel zu tief greifenden Änderungen am Text auch auf die mögliche Ablehnung der Vorlage hinarbeiten."

Das Parlament habe bis zu vier Gelegenheiten dazu, den Richtlinientext in seiner jetzigen Form abzulehnen: zwei Mal in der zweiten Lesung (vor und nach den Änderungsanträgen), im Vermittlungsverfahren und ein viertes und letztes Mal in einer etwaigen dritten Lesung. (Thomas Cloer/uba)

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