Einer ist nicht genug

Wie die jüngsten Vorfälle um KPNQwest und Worldcom zeigen, liegt derzeit das Problem weniger darin, den richtigen Provider zu finden, als darin, ihn zu behalten. Um ihre Kommunikations-Strukturen abzusichern, sollten Unternehmen deshalb mit mehreren Dienstleistern Verträge abschließen.

Von: Dr. Thomas Hafen

Große Internet-Serviceprovider galten bisher als wirtschaftlich solide. Nach der Pleite von KPNQwest und den Problemen bei Worldcom scheint diese Haltung zumindest fraglich, auch wenn die Analysten von IDC immer noch den größten Anbietern die besten Überlebenschancen voraussagen. Trotzdem muss Größe nicht für alle Nutzer das entscheidende Kriterium sein. Wer nur wenige Standorte in Deutschland anbinden will, braucht keinen Provider, der einen weltweiten Backbone betreibt. Einer oder mehrere lokale Provider, die mit wenigen PoPs (Point of Presence) kostengünstig arbeiten, sind unter Umständen die bessere Wahl. Anders sieht es natürlich bei Großunternehmen mit international verteilten Standorten aus. Hier dürften nur die ganz Großen als Dienstleister infrage kommen. Wichtig ist aber in jedem Fall die Absicherung über redundante Systeme. So unspektaktuläre Kommunikationsmittel wie ISDN-Karten oder gar analoge Modems können im Notfall zumindest eine Verbindung aufrechterhalten. Und so wenig es den alternativen Carriern gefallen wird: Eine Leitung zur Deutschen Telekom sollte immer noch vorhanden sein. Obwohl auch der Ex-Monopolist schwer unter der Krise leidet, gilt seine Existenz als sicher.

Wer trotz oder gerade wegen der Krise einen neuen Provider sucht, hat auch in Zeiten der Konsolidierung die Qual der Wahl. Nur wer so genau wie irgend möglich definiert, wie sein Anforderungsprofil aussieht, hat eine Chance, den richtigen Partner zu finden. Ob dieser die derzeitige Marktbereinigung überlebt, lässt sich im Moment allerdings kaum vorhersagen. Folgende Fragen sollen dabei helfen, den eigenen Bedarf abzuschätzen:

- Wie geschäftskritisch sind Kommunikations-Strukturen für das Unternehmen? Wie lange darf ein Mitarbeiter, eine Abteilung, eine Niederlassung oder eine Website offline sein, bevor es zu erheblichen Einbußen im Kerngeschäft kommt?

- Wie verteilen sich die Kommunikationsflüsse? Kommunizieren Außenstellen mit der Zentrale, oder ist die Kommunikation eher dezentral verteilt?

- Wie mobil sind die Mitarbeiter? Gibt es Heimarbeitsplätze, eine Vertriebsmannschaft mit Notebooks oder eine Lieferflotte? Wie wichtig ist es, dass alle Mitarbeiter ständig erreichbar sind?

- Welche Kommunikations-Strukturen sind bereits vorhanden? Nutzen womöglich verschiedene Abteilungen unterschiedliche Provider? Sind Leitungen über- oder unterdimensioniert? Gibt es einen Verantwortlichen, der sämtliche Kommunikations-Strukturen kennt und koordiniert?

- Welche Rolle spielt (noch) die firmeneigene IT? Welche Rolle soll sie nach dem Outsourcing spielen? Wie hoch sind die Kosten jetzt, welche Kosten fallen nach dem Outsourcing an? Welche versteckten Kosten gibt es?

- Wo sollen die Schnittstellen liegen? Wie sind sie definiert?

- Wie ist die Qualitätssicherung geregelt? Müssen Service Level Agreements in ein ISO-9000ff.-Qualifikationssystem passen? Welche Dokumentationspflichten gibt es im Unternehmen und in welcher Form soll der Provider diesen nachkommen?

- Wie ist die Kommunikation zu Kunden, Partnern und Lieferanten geregelt? Sind Online-Marktplätze und Internetshops integrale Bestandteile von Warenwirtschaft und Absatz? Oder dient die firmeneigene Homepage nur zur Imagepflege?

- Wie wichtig ist Sicherheit? Welche Daten müssen mit höchster Priorität geschützt werden und vor wem?