Eine Stadt fällt aus dem Netz

Stadt legt "illegale" Sender still

"Da ist tatsächlich einiges schief gelaufen", räumt Bürgermeister Vollmer ein, "das war so nicht vorhersehbar". Die Reue kommt spät. Den Wind nämlich, der jetzt als Sturm durch Stadtallendorf fegt, hat Vollmer vor gut einem Jahr eigenhändig gesät. Damals war die Stadt von der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf aufgefordert worden, den Bestand an Mobilfunksendern auf ihrem Terrain zu überprüfen. Ins Visier der Kontrolleure gerieten dabei zwei seit 1996 und 1999 betriebene Anlagen von T-Mobile. Dass beide Sender in Wohngebieten stehen, hatte zum Zeitpunkt der Errichtung niemanden gestört. Da eine Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde vorlag, und keine der Antennen höher als zehn Meter über die Gebäudedächer ragte, musste der Betreiber keine Baugenehmigung einholen. Doch inzwischen vertrat der Hessische Verwaltungsgerichtshof eine neue Rechtsauffassung. In reinen und allgemeinen Wohngebieten seien Sendeantennen auf Wohngebäuden als Nutzungsänderung zu betrachten und mithin genehmigungspflichtig. Eine entsprechende Bewilligung lag nicht vor, also waren die Masten illegal. Das Bemühen des Betreibers, die Situation durch nachgereichte Genehmigungsanträge zu entschärfen, fruchtete wenig. Weil die Stadt einer Nutzungsänderung nicht zustimmte, konnte die zuständige Kreisbehörde keine Baugenehmigung erteilen und untersagte den Betrieb der Anlagen.

"Wir waren verärgert, weil T-Mobile die beiden Sender ohne unser Wissen und unsere Mitsprache hingestellt hatte", begründet Bürgermeister Vollmer die Haltung der Stadt. "Wir wollten nicht vor vollendeten Tatsachen stehen und haben deshalb unser Einvernehmen verweigert". Den Einwand, dass beide Anlagen gebaut worden waren, bevor die Rechtsauffassung der Kasseler Richter eine neue Sachlage schuf, ließen sowohl die Kreis- als auch die Stadtbehörde nicht gelten; die Bauaufsichtbehörde beharrte auf der sofortigen Stilllegung. Dagegen legte T-Mobile beim Verwaltungsgericht in Gießen Widerspruch ein und bekam Recht. Die Richter erklärten die Verfügung für unwirksam und plädierten dafür, dem "unterstellten rechtswidrigen Zustand" durch nachträglich genehmigte Bauanträge abzuhelfen.