Duell im Preiskeller

Nicht jeder Mittelständler will für die Vernetzung einiger PCs und Server gleich einen fünfstelligen Betrag investieren, nicht jedes Abteilungsnetz braucht einen Gigabit-Backbone. gateway hat zwei etwas einfachere Switches für Fast-Ethernet getestet.

Von: Herbert Almus, Christoph Hammerschmidt

Die Geräte in unserem aktuellen Test kann sich fast jeder Betrieb leisten. Zwar haben ihre Konstrukteure wohl recht unterschiedliche Konzepte verfolgt, wie sich an der divergierenden Ausstattung ablesen läßt. Hinsichtlich der Leistung liegen die beiden Testgeräte aber gar nicht so weit auseinander.

Doch der Reihe nach. Sehen wir uns erst einmal die gemeinsamen Merkmale an: Sowohl der SMC5724DS von SMC als auch der AT-8126XL von Allied Telesyn ist mit 24 Autosensing-Ports bestückt. Beide Kandidaten beherrschen das Store-and-Forward-Konzept, um die Ausbreitung fehlerhafter Datenpakete zu unterbinden. Und beide Hersteller wollen mit ihren Produkten das gleiche Marktsegment ansprechen: Betriebe, die kleinere Netze betreiben, aber über das Einsteigerstadium hinausgewachsen sind. Der preissensitive Low-end-Markt ist schließlich die Domäne sowohl von Allied Telesyn als auch von SMC.

Damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon weitgehend erschöpft. SMC schickt ein ziemlich nacktes Gerät ins Rennen, sieht man einmal von der Möglichkeit ab, beliebig viele Geräte zu kaskadieren. Der augenfälligste Unterschied: SMC-User müssen sich mit Halbduplex-Kommunikation begnügen - jeder Port kann zu einem gegebenen Zeitpunkt nur entweder senden oder empfangen, beides gleichzeitig geht nicht. Wie sich das auf die Performance auswirkt, sehen wir später. SMCs Schlichtheit hat Methode: "Einschalten und loslegen", lautet das Motto des Herstellers. Konsequent hat er darauf verzichtet, den Anwender mit Optionen und Konfigurationsmöglichkeiten zu belästigen. Auch bei der Anzahl der MAC-Adressen, die das Gerät beherrscht, hat SMC für Übersichtlichkeit gesorgt: Bei 2000 ist Schluß.

Aber warum sollte ein kleines Netz auch mehr brauchen? Die Einsparungen schlagen sich in Mark und Pfennig nieder. Der SMC-Switch steht schon für knapp 1600 Mark im Laden. Sein Konkurrent von Allied Telesyn hingegen protzt mit einem Preisschild von etwa 4200 Mark. Dafür beherrscht er nicht nur die Betriebsart Vollduplex, sondern kennt auch eine ganze Reihe von Administrationsmöglichkeiten. Weitere Ausstattungsdetails sind die Unterstützung Port-basierter virtueller LANs (VLANs), ein größerer Pufferspeicher als sein Konkurrent (3,5 MByte hier, 896 KByte dort) und die Möglichkeit, bis zu 16 000 MAC-Adressen zu unterscheiden. Last, but not least, läßt sich der AT-8126XL auch noch per Glasfasermodul für den Anschluß an 100-MBit/s-Backbones aufrüsten.

Durchsatz am physikalischen Maximum

Wer jetzt fragt, warum wir zwei so unterschiedliche Geräte gegeneinander testen, der werfe einen Blick auf die Leistungsdaten. Die Durchsatzmessungen ergaben absolut identische Werte für beide. Fairerweise hat unser Labor bei den Messungen auch den Switch von Allied Telesyn in der Betriebsart Halbduplex gemessen (zum Unterschied zwischen den beiden Betriebsarten - auch hinsichtlich des Durchsatzes - siehe Kasten "Halbduplex - ein Handicap?"). Daß die Durchsatzdaten der beiden Geräte bis auf das i-Pünktchen übereinstimmen, hat einen einfachen Grund: Beide leisten das Maximale, was physikalisch überhaupt möglich ist (Tabelle 1 "Identische Werte im Durchsatz-Test")).

Ein Quentchen schlechter sieht die Lage bei den Latenzzeiten aus. Die Latenzzeit gibt die Verzögerung eines Datenpakets beim Durchlaufen des Switches an und soll möglichst gering ausfallen. Das gilt vor allem dann, wenn digitalisierte Sprach- und andere Multimediadaten über den Switch transportiert werden. Hier schneidet der Vertreter von Allied Telesyn geringfügig schlechter ab als der Konkurrent von SMC, vor allem bei kleinen Paketen. Die Differenz beträgt aber weniger als eine Mikrosekunde; prozentual fällt sie mit zunehmender Paketgröße immer weniger ins Gewicht. Die absolute Größe der Latenz liegt im Rahmen des Marktüblichen. Positiv fiel bei beiden Switches auf, daß die Latenzwerte von der Auslastung fast unabhängig sind. Paketverluste traten auch bei voller Last nicht auf, jedenfalls solange die Datenströme in "geordneten" Bahnen verliefen. Will heißen, solange die Daten gemäß RFC 1242 und RFC 1944 als Einwegströme auf die Ports geleitet wurden.

X-Stream bringt Schwächen an den Tag

Um einen Eindruck von der Leistung der Geräte in praxisnahen Umgebungen zu erhalten, haben wir zusätzlich zu den Basistests noch weitere Messungen durchgeführt:

- X-Stream-Durchsatztest

- Fan-out-Switching-Test

- Broadcast Frame Handling and Latency Test

Der X-Stream-Test ermittelt die Paketverlustrate für Belastungsszenarien, bei denen mehrere oder auch alle Ports eines Switches gleichzeitig Daten senden und empfangen sollen. Da alle Tests im Halbduplexbetrieb abliefen, ist echte Gleichzeitigkeit in diesem Fall nicht möglich, sondern die Ports wechseln in sehr kurzen Intervallen zwischen Senden und Empfangen. Bei diesem Test wurden die Switches mit wechselnden Auslastungen, Paketgrößen und Burstsizes konfrontiert. Tabelle 2 "Beim X-Stream scheidet sich die Spreu vom Weizen" zeigt beispielhaft das Verhalten bei einer Last von 100 Prozent, einer Burstgröße von 744 Frames und unterschiedlichen Paketgrößen. Dabei bleibt der SMC-Kandidat robust und zeigt kaum Paketverluste. Der Switch von Allied Telesyn dagegen verliert bei großen Paketen (1518 Bytes) fast 20 Prozent der Daten. Das kann sich in der Praxis bereits deutlich bemerkbar machen: Auf den höheren Netzwerkschichten (Layer 4 und höher) werden je nach Anwendung größere Datenpakete übertragen, weil dort die Pakete nicht nach den Vorgaben des Übertragungsprotokolls zusammengestellt werden, sondern nach denen der Applikation. Diese werden auf den niedrigeren Ebenen weiter fragmentiert, um sie an die Erfordernisse der IP-Übertragung anzupassen. Wenn nun auf den unteren Ebenen ein Paket auf der Übertragungsstrecke verloren geht, kann der ursprüngliche Zusammenhang auf den höheren Ebenen nicht mehr rekonstruiert werden. Die Folge: Das ganze, "große" Paket muß erneut gesendet werden - mit deutlichen Konsequenzen für die Performance des Netzes.

Eine weitere Tortur aus unserer Folterkammer ist der Fan-out-Test. Er dient der Bestimmung des Durchsatzes unter einer Lastsituation, bei der die Hälfte der Ports nur sendet (an jeden Port der anderen Hälfte) und die andere Hälfte nur empfängt (von jedem Port, der auf Senden geschaltet ist). Die Sendelast beträgt 100 Prozent; sie wird über alle Empfangsports gleichmäßig verteilt. Auch hier steckte der SMC7524DS die Last völlig ungerührt weg, während der AT-8126XL deutlich in die Knie ging. Bei Paketen von 64 Bytes verlor er 20 Prozent der Pakete, mit zunehmender Paketgröße häuften sich die Verluste. Bei maximalem Paketumfang (1518 Byte) erreichte die Verlustquote kaum noch akzeptable 28 Prozent.

Die Messung mit dem unhandlichen Namen "Broadcast Frame Handling and Latency Test" dient der Bestimmung von Durchsatz- und Latenzzeitverhalten beim Broadcasting von Daten. Der Switch muß bei diesem Test die auf einem bestimmten Port ankommenden Daten auf allen anderen Ports ausgeben. Die Funktion des Broadcasting kann je nach Hersteller auf unterschiedliche Weise implementiert sein, was dann zu Unterschieden bei der Performanz führt. Die Sendelast betrug bei dieser Messung durchgehend 100 Prozent. In puncto Durchsatz erwiesen sich beide Geräte als optimal. Unterschiede zeigten sich jedoch bei den Latenzzeiten im Broadcast-Betrieb. Während der SMC-Switch hier die gleichen Latenzzeiten aufweist wie bei Unicast-Datenströmen, läßt sich das Gerät von Allied Telesyn etwa doppelt so viel Zeit. Eine kritische Größe wird dadurch aber nicht erreicht.

Fazit: Wer ein einfaches, schnelles Gerät ohne Finessen sucht, dürfte mit dem SMC5724DS bestens bedient sein. Während die spartanische Ausstattung des SMC-Switches nicht jedermanns Sache sein dürfte, gefällt die Standfestigkeit in allen Lebenslagen.

Der AT8126XL von Allied Telesyn erreicht dagegen zumindest im Halbduplexbetrieb nicht ganz die Leistung und Zuverlässigkeit des SMC-Switches. Dafür bietet er eine wesentlich umfangreichere Softwareausstattung und flexiblere Konfigurationsmöglichkeiten. Ob das den fast dreifachen Preis rechtfertigt, muß jeder Anwender für sich entscheiden.

Auf einen Blick:

AT-8126XL

Hersteller: Allied Telesyn, Bothel, Washington, USA, http://www.alliedtelesyn.com

empfohlener Verkaufspreis 4222 Mark.

+ gute Austattung, flexible Konfiguration

- deutliche Paketverluste unter bestimmten Betriebsbedingungen

- hoher Preis

SMC 5724DS

Hersteller: SMC, Irvine, Kalifornien, USA,

http://www.smc.com

empfohlener Verkaufspreis 1599 Mark.

+ hohe Standfestigkeit auch unter schwierigen Bedingungen

+ gutes Latenz-, Fan-out- und Broadcast-Verhalten

+ niedriger Preis

- magere Ausstattung

- keine Administrationsmöglichkeit

Meßgerät: Netcom Smartbits