DNS-Root-Server lernt nichtlateinische Zeichen

Die meisten Internet-Nutzer werden davon zwar nichts bemerkt haben, aber der Unterbau des weltumspannenden IP-Netzes wurde einer der fundamentalsten Veränderungen seit 20 Jahren unterzogen.

Das Domain Name System (DNS) des Internet unterstützt jetzt nämlich elf nicht-englische Sprachen erstmals in deren nativen, nichtlateinischen Zeichensätzen. Gestern morgen hatte dazu die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) die Top-Level-Domain ".test" in Arabisch, Persisch, Russisch, Hindi, Griechisch, Koreanisch, Hebräisch, Japanisch, Tamil sowie zwei Varianten des Chinesischen auf die Root-Server des DNS gespielt.

Am kommenden Montag sind dann Internet-Nutzer rund um den Globus eingeladen, den ersten voll "internationalisierten Domain-Namen" (IDN) in den elf lokalen Entsprechungen von "example.test" auszuprobieren. Dazu stellt die ICANN ein Wiki ins Netz. "Das Wiki haben wir eingerichtet, damit die Leute etwas zum Ausprobieren haben und auch ihre Erfahrungen mitteilen können", erklärte Tina Dam, IDN Program Manager der Internet-Aufsichtsfirma. Bislang ist das Experiment auf das World Wide Web (WWW) beschränkt. Die Internet Engineering Task Force (IETF) arbeitet auch an Standards für IDN-E-Mail-Adressen, diese müssen allerdings noch finalisiert werden.

Laut ICANN-Frau Dam will die ICANN über den Testballon in herausfinden, ob zum Beispiel bei Web-Nutzern jeweils die richtige Domain in der Adresszeile ihre Browsers erscheint und ob diese ihren zuvor getätigten Eingaben entspricht. Auch "ASCII-Sprecher" sind eingeladen, mitzumachen, wenn sie via Link oder E-Mail auf eine IDN-URL stoßen. Der Test ist deswegen nötig, weil bei der Konzeption des DNS in den 1980er Jahren nur die 26 Buchstaben des lateinischen Alphabets, die Ziffern von 0 bis 9 sowie der Bindestrich als Zeichen eingeplant wurden. Das führte mit wachsender Verbreitung der Internet-Nutzung weltweit vor allem dort zu Problemen, wo nicht mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird.

IDNs auf der zweiten Domain-Ebene - beispielsweise eine chinesische Zeichenfolge mit einem in ASCII getippten ".com" oder ".net" dahinter - kann man schon seit einiger Zeit anmelden. Gestern war es aber erstmals möglich, nichtlateinische Zeichen auch hinter dem letzten Punkt unterzubringen. Die Infrastruktur des DNS selbst bleibt davon relativ unberührt, da der IDN-Standard am Endpunkt implementiert wird, sprich beim Web dem Browser. Aktuelle Clients wie "Firefox 2" oder "Internet Explorer 7" übersetzen dazu das lokal Geschriebene in einen kryptischen ASCII-String, der zur Kennzeichnung eines IDN mit "xn--" beginnt, bevor sie es an den nächsten DNS-Server weiterleiten.

Entwickler von Mozilla, Microsoft und Opera haben laut Dam bereits mit dem ICANN-Wiki herumexperimentiert, um die Kompatibilität ihrer jeweiligen Browser zu testen. Mozilla arbeite an einem Update, um Firefox voll kompatibel zu dem kommende Woche startenden Experiment zu machen, erklärte die ICANN-Expertin. Aus ihrer Sicht wäre es denkbar, das produktive IDN-TLDs erstmals im Rahmen der nächsten Runde von TLD-Bewerbungen beantragt werden könnten, die für Mitte kommenden Jahres geplant ist. "Wenn die Technik vor Ort ist und die Tests erweisen, dass das Ding gut funktioniert, dann könnte sich jemand in dem Verfahren nächstes Jahr um eine IDN-TLD bewerben", erklärte Dam. Die Tests in den elf nichtlateinischen Sprachen sollen unterschiedliche lange laufen, es gebe keine konkreten Deadlines, so die ICANN-Frau weiter: "Den russischen lassen wir so lange laufen, wie ihn die russische Internet-Gemeinschaft nützlich findet." (ComputerWoche/mja)