Microsoft-Veteran und Robotics-Vordenker Tandy Trower im Interview

"Die Kunst Microsofts ist es, den Mitbewerb zu verstehen"

Microsoft will Industriestandard für Roboter schaffen

pressetext: Angesichts dieser Definition handelt es sich um ein sehr breites Feld, das Microsoft mit seiner Robotics-Abteilung bearbeiten will. Wo liegt folglich der strategische Fokus?

Trower: Das war auch die erste Frage von Bill Gates, als ich an ihn herangetreten bin. Was würden wir als Microsoft tun und in welchem Bereich? Ist es von der Industrie überhaupt erwünscht? Nach mehrmonatigen Recherchen und vielen Gesprächen mit der Industrie lief es immer wieder auf das gleiche Feedback hinaus. Derzeit ist die Hardware und Software im Roboterbereich ein großes fragmentiertes Feld inkompatibler Systeme. Industrievertreter haben uns signalisiert, dass ein Markteintritt Microsofts die weltweite Entwicklung entscheidend ankurbelt.

pressetext: Inwiefern kann Microsoft eine Initialzündung für die Branche geben?

Trower: Wir werden Software-Technologien und Toolkits anbieten, die es Entwicklern leichter machen, Applikationen zu entwickeln. Im Prinzip ergänzen wir die vorherrschenden Werkzeuge um ein weiteres Set, damit die Branche projektübergreifend ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann. Damit folgen wir auch einem Pfad, durch den sich Microsoft historisch gesehen immer schon ausgezeichnet hat. In den späten 70er-Jahren war die PC-Hardware ähnlich heterogen und inkompatibel. Mit der plattformübergreifenden Programmiersprache Microsoft Basic haben wir wichtige Vorarbeit für den heutigen Erfolg der PC-Industrie geleistet.

pressetext: Derzeit besteht die Robotics-Abteilung von Microsoft im Kern aber aus nicht mehr als einem guten Dutzend Leute. Können die das schaffen?

Trower: Vergessen wir nicht, dass auch Windows in seinen Urzeiten gerade einmal von zwölf bis fünfzehn Leuten betreut wurde. Natürlich können zwölf Leute nicht alles machen. Sie können aber ein Tool-Set entwickeln, das die Industrie bei ihrem großen Vorhaben unterstützt. Langfristig gesehen glauben wir natürlich auch an ein großes Business-Modell dahinter, von dem Microsoft profitieren kann. Industrie-Analysten sagen voraus, dass Robotics sich schon in fünf bis zehn Jahren zum Multi-Milliarden-Geschäft entwickeln und auf lange Sicht sogar das PC-Geschäft überflügeln wird.