Diamant für die Chipfertigung

Die Verschmelzung 1 Milliarde winziger Diamantkristallite zu einem einzelnen ausgedehnten Diamant-Einkristall ist den Forschern am Augsburger Lehrstuhl für Experimentalphysik IV gelungen. Damit eröffnen sich neue Perspektiven für die Chipfertigung, die mit herkömmlichen Silizium-Technologien nicht möglich sind.

So hätten Diamant-Chips gegenüber den herkömmlichen Siliziumbauteilen den enormen Vorteil, dass sie bei Temperaturen über 500°C als Halbleiter funktionsfähig blieben. Zudem könnten sie schneller arbeiten und höhere Leistungen schalten, da Diamant wesentlich höhere Spannungen verkraftet als Silizium und die Wärme weitaus besser ableitet.

Das Problem der Korngrenzen, die bislang die elektronischen Eigenschaften von Diamantschichten beeinträchtigt beziehungsweise zerstört haben, scheint mit dem neuen Verfahren gelöst zu sein.

Als eine der größten Schwierigkeiten zur Herstellung von großen Einkristallen erwiesen sich die seit rund zehn Jahren laufenden weltweiten Bemühungen, orientierte (epitaktische) Schichten von Diamant auf anderen Einkristallen herzustellen. Diesem Ansatz war bislang der Erfolg versagt geblieben, da man bemüht war, Materialien, die als großvolumige Einkristalle nicht synthetisiert werden können, zumindest als dünne einkristalline Filme abzuscheiden. Auf allen Substraten blieben diese Schichten nach wie vor polykristallin und damit für elektronische Anwendungen wie Leistungshalbleiterbauelemente, Sensoren oder Detektoren kaum verwertbar.

Ein wichtiger Fortschritt bei diesen Bemühungen wurde mit der Einführung von Iridium als Substratmaterial erzielt. Am Lehrstuhl von Prof. Dr. Bernd Stritzker (Experimentalphysik IV) stellen Dr. Matthias Schreck und seine Kollegen seit drei Jahren dünne Schichten dieses Edelmetalls her, um darauf Diamant abzuscheiden. Dabei wird rund 1 Milliarde kleiner, hoch orientierter Diamantkristalle auf einer fingernagelgroßen Fläche des Edelmetalls erzeugt. Mit fortschreitender Prozesszeit wachsen diese zu einem geschlossenen Film zusammen und verbessern dabei ihre Ausrichtung weiter.

Vor zwei Jahren wurden so zum ersten Mal Schichten erzielt, deren Kristallite Fehlorientierungen von weniger als 1° zeigten. Die neuesten Arbeiten belegen nun, dass es beim weiteren Wachstum quasi zu einem Verschmelzen der einzelnen Kristallite kommt: So beobachteten die Augsburg Physiker erstmals, dass das geschlossene Netzwerk der Korngrenzen, das bei Schichtdicken von wenigen Mikrometern die einzelnen Kristalle noch voneinander trennt, sich bei 34µm Schichtdicke bereits in isolierte kurze Defektbänder aufgelöst hat. Individuelle Körner sind nicht mehr zu unterscheiden und der Film ist als Einkristall zu betrachten.

Weitere Arbeiten sollen jetzt zum einen klären, wie sich diese verbesserten strukturellen Eigenschaften auf den Stromtransport und auf die mechanischen Eigenschaften auswirken. Zum anderen können nun etablierte Methoden eingesetzt werden, um die noch verbliebenen Korngrenz-Reste weiter zu reduzieren. Die Bereitstellung großflächiger Schichten des Wachstumssubstrats Iridium ist eine weitere Problemstellung, deren technologische Lösung in Angriff genommen wird. Denn nur großflächige einkristalline Substrate können von der Halbleiterindustrie standardmäßig verarbeitet werden. (fkh)