Hohe Gehälter, anderer Umgang

Deutsche SAP-Berater sind in der Schweiz gefragt

SAP-Berater, die einen Wechsel in die Schweiz erwägen, sind vor allem von den hohen Gehältern beeindruckt. Unterschiedliche Mentalitäten und die Erwartungshaltung der Arbeitgeber stellen Bewerber jedoch vor große Herausforderungen.
Die Schweiz punktet nicht nur mit guten Arbeitsbedingungen, auch der Freizeitwert ist hoch.
Die Schweiz punktet nicht nur mit guten Arbeitsbedingungen, auch der Freizeitwert ist hoch.
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Ein Einstieg in den Schweizer SAP-Arbeitsmarkt erscheint auf den ersten Blick oft vor allem finanziell lukrativ. SAP-Juniorberater ohne Projekterfahrung beginnen in der Schweiz mit einem jährlichen Bruttogehalt zwischen 75.000 und 90.000 Franken. Dies entspreche nach aktuellem Kurs rund 61.000 bis 73.000 Euro und damit fast 50 Prozent mehr, als die Einsteiger in Deutschland erwarten können. Nach zirka vier Jahren Projekterfahrung verdient ein SAP-Professional zwischen 100.000 und 180.000 Franken (umgerechnet etwa 81.000 bis 147.000 Euro), kann sein Gehalt im besten Fall also verdoppeln. „Die deutschen Berater sind aufgrund der guten Ausbildung immer noch sehr beliebt in der Schweiz", meint Patrick Pajot, Geschäftsführer Schweiz der auf den SAP-Stellenmarkt spezialisierten Personalvermittlung Biber & Associates. Vor zwölf Jahren war er selbst als SAP-Berater in die Schweiz gegangen und erfuhr, dass "zwischen den Unternehmenskulturen in Deutschland und der Schweiz mitunter Welten" lagen.

 „Die deutschen Berater sind aufgrund der guten Ausbildung immer noch sehr beliebt in der Schweiz.", meint Patrick Pajot, Geschäftsführer Schweiz der Personalvermittlung Biber & Associates.
„Die deutschen Berater sind aufgrund der guten Ausbildung immer noch sehr beliebt in der Schweiz.", meint Patrick Pajot, Geschäftsführer Schweiz der Personalvermittlung Biber & Associates.
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Um als Deutscher in einem Schweizer Bewerbungsprozess zu bestehen, müsse man sich an seine gute Kinderstube erinnern. Das richtige Maß an Augenkontakt, die Fähigkeit, den anderen ausreden zu lassen, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit – das alles seien Aspekte, auf die Schweizer größten Wert legten. In den Unternehmen herrscht ein respektvoller, zuvorkommender und zurückhaltender Umgangston. Personalberater Pajot hat beobachtet, dass die meisten Deutschen eine solche Wertschätzung gerne annehmen, aber sich selbst nicht danach verhielten: „Manche Verhaltensweisen sitzen tief und Veränderungen fallen schwer."

Fehlendes Anschreiben ist Formfehler

SAP-Kompetenz ist in der Schweiz nicht weniger dringend gesucht als in Deutschland. Allein Biber&Associates haben derzeit gut 200 offene Stellen zu vergeben. Das heißt aber nicht, dass jeder Bewerber mit Kusshand genommen wird. Neben der Fähigkeit, sich an die Arbeitskultur anzupassen, prüfen die Unternehmen vor allem die Motivation des Kandidaten, sich über Jahre hinweg einzusetzen. Deshalb ist eine Bewerbung mit einem Motivationsschreiben von vornherein viel aussichtsreicher als eine nur mit Lebenslauf und Projektliste. Ein fehlendes Anschreiben gilt bei einigen Familienbetrieben, aber auch bei manchem größeren Traditionsunternehmen, als Formfehler. Ins Gewicht fällt hier, dass Schweizer Unternehmen beträchtliche Kosten und Aufwand haben, um eine Arbeits- beziehungsweise Aufenthaltsbewilligung für den neuen Mitarbeiter zu erhalten. Darum erwarten sie, dass dieser mindestens drei Jahre bleibt. Es wird ungern gesehen, wenn sich Bewerber nur eine „Eintrittskarte" in die Schweiz besorgen, um dann nach kurzer Zeit zu einem anderen Unternehmen innerhalb des Landes zu wechseln.

Ein Verstoß gegen die Sitten rächt sich langfristig. Die Schweiz stellt einen engen und kleinen Arbeitsmarkt dar: Die SAP-Welt kennt sich. Im Bewerbungsprozess spielen Referenzen eine große Rolle, die bisherigen Arbeitgeber werden angerufen. Wer eine Tür ungalant hinter sich geschlossen hat, tut sich unter Umständen schwer, woanders wieder unterzukommen. „Da haben sich manchmal ganz viele Türen gleichzeitig geschlossen", so Pajot.

Kürzere Verweildauer im Unternehmen

Insgesamt ist der Schweizer Arbeitsmarkt jedoch viel flexibler als der deutsche. Die durchschnittliche Verweildauer im Unternehmen ist kürzer. Ein Wechsel eines SAP-Beraters nach drei bis fünf Jahren ist üblich und stellt keine Schwachstelle im Lebenslauf dar. In Deutschland macht ein Berater seine SAP-Karriere nicht selten in einem oder zwei Unternehmen über einen Zeitraum von bis zu zwanzig Jahren und länger. Die Perspektive für eine SAP-Karriere in der Schweiz umfasst meistens wesentlich mehr Unternehmen, gleichzeitig bauen sich die SAP-Berater dabei ein Netzwerk auf.

Flexibler Arbeitsmarkt mit Chancen für Berater über 50

Im Gegensatz zu Deutschland verlängert sich auch die Kündigungsfrist in der Regel nicht durch eine längere Verweildauer im Unternehmen. Damit geht einher, dass es auch für Bewerber mit über 50 Jahren, die hierzulande oft diskriminiert werden, attraktive Jobchancen gibt. Für den Eintritt in den Schweizer Arbeitsmarkt ist es in diesem Alter nicht zu spät. Angesichts der höheren Schweizer Gehälter kann mancher deutsche SAP-Berater mit 15 Jahren Projekterfahrung, der in der Heimat keine Stelle mehr findet, sogar nochmals auf einer sehr verantwortungsvollen Stelle im Gehalt zulegen, ist Personalberater Pajot überzeugt. Insbesondere in den Branchen Chemie, Pharma und Financial Services tun sich viele Chancen für SAP-Berater auf. Pajot: „Viele Großkonzerne und weltweit agierende Unternehmen haben ihren Hauptsitz in der Schweiz. Von hier aus werden Prozesse gesteuert und Strategien umgesetzt."