Der Wikinger im Handy

Einfach zu bedienen

Im Frühjahr 1998 beschlossen die Hersteller Ericsson, IBM, Intel, Nokia und Toshiba, gemeinsam eine Technik für die kurzreichweitige Funkverbindung von PCs, digitalen Kameras, Mobiltelefonen und anderen tragbaren Geräten zu entwickeln. Als Forum für den Austausch von Ideen gründeten sie die "Bluetooth Special Interest Group", eine Arbeitsgruppe, die zunächst Rahmenbedingungen formulierte und nach und nach einen Standard festlegen sollte. Die Initiatoren hatten ein Verfahren im Visier, das Anwendern von Notebooks das Leben erleichtert. Dementsprechend sollte die drahtlose Technik

- Stimme und Daten übertragen,

- überall funktionieren,

- automatisch Verbindungen aufbauen,

- Störeinflüssen von Mikrowellenherden widerstehen,

- mit kleinen Chips arbeiten, die auch in Handys passen,

- wenig Strom verbrauchen,

- auf offenen Standards beruhen und

- sehr billig sein.

Am 20. Mai 1998 gab die Special Interest Group Einzelheiten zur Technik bekannt und begrüßte neue Mitglieder: 3Com, Axis, Cetecom, Compaq, Dell, Lucent, Motorola, Puma, Qualcomm, Symbionics TDK, VLSI und Xircom. Fünf Monate später wurde von bis dahin mehr als 200 Mitgliedern auf einer Entwicklerkonferenz in Atlanta die Version 0.7 der Bluetooth-Spezifikation aus der Taufe gehoben. Heute zählt die Teilnehmerliste rund 520 Einträge.

Nun steht die Herausgabe der endgültigen Fassung "1.0" des Reglements kurz bevor. Nach dem Kalender der Bluetooth-Gruppe soll das Dokument im ersten Quartal 1999 erscheinen, nach Möglichkeit bis zur CeBIT. Bis dahin bleiben Detailinformationen in den Händen der Mitglieder. Kurz nach der Veröffentlichung, so lauten die Pläne, werden Entwicklungswerkzeuge für Bluetooth-Anwendungen erhältlich sein. Die ersten Produkte schließlich, welche die Technik umsetzen, könnten dann in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt gehen.

Auch wenn es bislang nocht keine Bluetooth-Chips zu kaufen gibt, können wir schon davon träumen; die Web-Site der Arbeitsgruppe (http:// www.bluetooth.org) versorgt uns mit genügend Stoff:

- Handys schalten am Arbeitsplatz automatisch auf den kostenlosen Betrieb im firmeninternen Telefonnetz um und funktionieren zu Hause als Schnurlosapparate im Festnetz.

- Die Teilnehmer einer Konferenz brauchen ihre Notebooks nur einzuschalten, um sie miteinander zu verbinden. Auch der Referent braucht kein Kabel, wenn er den Projektor an einen PC anschließt.

- E-Mail, die der Anwender im Flugzeug auf seinem Notebook verfaßt, wird abgeschickt, sobald er nach der Landung sein Handy auf Stand-by schaltet.

- Der PDA des Außendienstmitarbeiters tauscht selbständig mit dem PC im Büro Informationen aus und aktualisiert seine Daten.

Das Verfahren, nach dem Bluetooth-Geräte arbeiten, gründet zum Teil auf dem Standard 802.11 des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE). Ein 9 mal 9 Zentimeter großer Chip sendet im Mikrowellenbereich von 2,4 GHz bis 2,48 GHz. Dieser Abschnitt des gebührenfreien ISM-Bands (ISM = Industrial, Scientific and Medical) liegt sehr nahe an der Arbeitsfrequenz eines Mikrowellenherds, dessen Magnetron in der Regel mit 2,450 GHz schwingt. Daß der Funkverkehr trotzdem störungsfrei verläuft und auch neben anderen Wireless-Netzen funktioniert, soll eine Technik garantieren, die sich in dem sogenannten Baseband-Protokoll manifestiert. Hierin ist festgelegt, daß die Trägerfrequenz nicht konstant bleibt, sondern in einer zeitlichen Abfolge verschiedene Werte aus einer festen Menge von Frequenzen annimmt. Der Sender springt bis zu 1600 mal in der Sekunde zwischen 79 Stufen einer Frequenztreppe, die mit 1MByte großen Abständen den Bereich von 2402 MHz bis 2480 MHz abdecken. Ein Gerät, das die Nachricht empfangen will, muß mit dem Sender synchronisiert sein und genau die gleiche Sprungfolge für die Trägerfrequenz verwenden. Nur Nachrichten, die diesen "Fingerabdruck" tragen, landen bei den Teilnehmern eines Bluetooth-Netzes, Signale anderer Quellen werden herausgefiltert. Die Daten schließlich werden der Sprungfolge durch eine binäre Frequenzmodulation angehängt.