E-Learning, Gamification, Webseminare

Der neue Lernmix

E-Learning galt lange als dröge. Doch mit den neuen technischen Möglichkeiten wandert das elektronische Lernen in den Mittelpunkt der Weiterbildung.

Das riesige Plakat wirkt wie ein Auszug aus einem Wimmel-Bilderbuch von Ali Mitgutsch. Kleine Menschen fasziniert das bunte Durcheinander, in dem sie immer wieder ein neues Detail entdecken. Doch eignet sich ein zwei mal ein Meter großes Poster, um Mitarbeitern das neue Vertriebsmodell vorzustellen oder Führungskräften die Leitlinien des Unternehmens zu verdeutlichen?

Simplify ist das Ziel eines Programms zur Komplexitätsreduzierung innerhalb der Bayer AG. Das Dialogbild dient dazu, über Komplexität ins Gespräch zu kommen und sie zu identifizieren. Es ist in drei Teile aufgeteilt: die Bayer-Welt, die Arten von Komplexität und die Kundenwelt. Auf der linken Seite des Bildes ist unter dem großen Bayer-Schirm die Konzernwelt dargestellt. Hier zeigt sich, wie Komplexität durch Strukturen, Arbeitsweisen und Prozesse entsteht. In der Mitte des Bildes führen drei Pfeile von links nach rechts. Sie zeigen die drei Arten von Komplexität: die gute (grün), die Bestandteil des Geschäftsmodells und damit des Erfolgs ist, die gegebene (blau), die bestmöglich gehandhabt werden muss, und die schlechte (rot), die reduziert werden muss. Auf der rechten Seite ist die Kundenwelt zu sehen, die das Ziel darstellt. Sie soll auf dem einfachsten und besten Weg erreicht werden – doch auch Konkurrenten (ganz rechts) haben das im Sinn.
Simplify ist das Ziel eines Programms zur Komplexitätsreduzierung innerhalb der Bayer AG. Das Dialogbild dient dazu, über Komplexität ins Gespräch zu kommen und sie zu identifizieren. Es ist in drei Teile aufgeteilt: die Bayer-Welt, die Arten von Komplexität und die Kundenwelt. Auf der linken Seite des Bildes ist unter dem großen Bayer-Schirm die Konzernwelt dargestellt. Hier zeigt sich, wie Komplexität durch Strukturen, Arbeitsweisen und Prozesse entsteht. In der Mitte des Bildes führen drei Pfeile von links nach rechts. Sie zeigen die drei Arten von Komplexität: die gute (grün), die Bestandteil des Geschäftsmodells und damit des Erfolgs ist, die gegebene (blau), die bestmöglich gehandhabt werden muss, und die schlechte (rot), die reduziert werden muss. Auf der rechten Seite ist die Kundenwelt zu sehen, die das Ziel darstellt. Sie soll auf dem einfachsten und besten Weg erreicht werden – doch auch Konkurrenten (ganz rechts) haben das im Sinn.
Foto: Bayer AG

"Dialogbild" nennt die 2003 gegründete Agentur Ecke in Hamburg ihre Wimmelbilder für Erwachsene. Firmen geben sie in Auftrag, um ihren Mitarbeitern komplexe Produktionsabläufe, neue Produkte oder Change-Projekte näherzubringen. Auch Unternehmensleitlinien, Organigramme oder Seminare für Führungskräfte eignen sich für eine solche Art der Darstellung, meint Daniel Schuch, Vertriebsleiter Süd für das Unternehmen in Karlsruhe.

David Gezzele leitet den Bereich Training und Ausbildung der Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft (Bawag P.S.K.) in Wien. Er überzeugte Kollegen und Vorgesetzte davon, ein Dialogbild für die Weiterbildung einzusetzen. Von Kritikern, die im Vorfeld über das "infantile Trainingskonzept" schimpften, ließ er sich nicht beirren. Schon die gemeinsame Entwicklung des Dialogbilds empfand Gezzele als bereichernd. Schließlich musste man sich im Unternehmen genau überlegen, wie das Bild gefüllt wird. Im Workshop diskutierten dann Mitarbeiter und Führungskräfte über ein neues Kreditprodukt anhand eines Dialogbilds, in dem "jeder schnell die Struktur erkannte, das aber auch Raum für Diskussion ließ", sagt Gezzele. Inzwischen gab die Bawag ein weiteres Dialogbild in Auftrag, das auch elektronisch abrufbar und mit Videos, Erklärtext sowie einem Quiz hinterlegt ist.

Wolf Wienecke, Agentur Ecke: "In jedem Workshop sitzen ein bis zwei Teilnehmer mit einer Anti-Haltung."
Wolf Wienecke, Agentur Ecke: "In jedem Workshop sitzen ein bis zwei Teilnehmer mit einer Anti-Haltung."
Foto: Agentur Ecke

Wolf Wienecke, Geschäftsführer der Agentur Ecke, kennt die Vorbehalte: "In jedem Workshop sitzen mindestens ein oder zwei Teilnehmer mit einer Anti-Haltung." Doch gerade wenn es um Veränderungen geht, sieht er Bilder im Vorteil gegenüber Powerpoint-Folien: Die Zeichnungen entlockten den Teilnehmern Emotionen, über die sich gut diskutieren lässt. "Wir versuchen auch witzige Elemente einzubauen oder zu provozieren", verrät er. Auf einem Beispielbild ist die Verbindungstür zwischen zwei Abteilungen, die zusammenarbeiten müssten, mit zwei Brettern zugenagelt. Das sticht ins Auge und bleibt selten unkommentiert.

Die Kundenliste umfasst namhafte Unternehmen, etwa Lufthansa, BMW oder Bombardier. Neben den Dialogbildern in analoger und elektronischer Form bietet das Unternehmen auch kurze Filme und sogenannte Scribbles an, die an Strichmännchen aus Comic-Strips erinnern. Es gibt auch Unternehmen, die ihren Führungskräften den Zeichenstift in die Hand drücken. Continental-Manager entwickelten mit Grafikern die Führungsrichtlinien in einem Dialogbild.

David Gezzele, Bawag: "Anhand von Bildern haben Mitarbeiter neue Kreditprodukte entwickelt."
David Gezzele, Bawag: "Anhand von Bildern haben Mitarbeiter neue Kreditprodukte entwickelt."
Foto: Bawag P.S.K.

Die aufwendigen Illustrationen haben allerdings ihren Preis, die Kosten beginnen bei etwa 10.000 Euro. Auch wenn David Gezzele gute Erfahrungen mit den beiden bisher eingesetzten Dialogbildern gesammelt hat, empfiehlt er, die Methode nicht zu häufig einzusetzen. In den Sozialräumen der Bank hängen die Dialogbilder noch als Gedächtnisstütze für die Mitarbeiter.