E-Learning, Gamification, Webseminare
Der neue Lernmix
Das riesige Plakat wirkt wie ein Auszug aus einem Wimmel-Bilderbuch von Ali Mitgutsch. Kleine Menschen fasziniert das bunte Durcheinander, in dem sie immer wieder ein neues Detail entdecken. Doch eignet sich ein zwei mal ein Meter großes Poster, um Mitarbeitern das neue Vertriebsmodell vorzustellen oder Führungskräften die Leitlinien des Unternehmens zu verdeutlichen?
"Dialogbild" nennt die 2003 gegründete Agentur Ecke in Hamburg ihre Wimmelbilder für Erwachsene. Firmen geben sie in Auftrag, um ihren Mitarbeitern komplexe Produktionsabläufe, neue Produkte oder Change-Projekte näherzubringen. Auch Unternehmensleitlinien, Organigramme oder Seminare für Führungskräfte eignen sich für eine solche Art der Darstellung, meint Daniel Schuch, Vertriebsleiter Süd für das Unternehmen in Karlsruhe.
David Gezzele leitet den Bereich Training und Ausbildung der Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft (Bawag P.S.K.) in Wien. Er überzeugte Kollegen und Vorgesetzte davon, ein Dialogbild für die Weiterbildung einzusetzen. Von Kritikern, die im Vorfeld über das "infantile Trainingskonzept" schimpften, ließ er sich nicht beirren. Schon die gemeinsame Entwicklung des Dialogbilds empfand Gezzele als bereichernd. Schließlich musste man sich im Unternehmen genau überlegen, wie das Bild gefüllt wird. Im Workshop diskutierten dann Mitarbeiter und Führungskräfte über ein neues Kreditprodukt anhand eines Dialogbilds, in dem "jeder schnell die Struktur erkannte, das aber auch Raum für Diskussion ließ", sagt Gezzele. Inzwischen gab die Bawag ein weiteres Dialogbild in Auftrag, das auch elektronisch abrufbar und mit Videos, Erklärtext sowie einem Quiz hinterlegt ist.
Wolf Wienecke, Geschäftsführer der Agentur Ecke, kennt die Vorbehalte: "In jedem Workshop sitzen mindestens ein oder zwei Teilnehmer mit einer Anti-Haltung." Doch gerade wenn es um Veränderungen geht, sieht er Bilder im Vorteil gegenüber Powerpoint-Folien: Die Zeichnungen entlockten den Teilnehmern Emotionen, über die sich gut diskutieren lässt. "Wir versuchen auch witzige Elemente einzubauen oder zu provozieren", verrät er. Auf einem Beispielbild ist die Verbindungstür zwischen zwei Abteilungen, die zusammenarbeiten müssten, mit zwei Brettern zugenagelt. Das sticht ins Auge und bleibt selten unkommentiert.
Die Kundenliste umfasst namhafte Unternehmen, etwa Lufthansa, BMW oder Bombardier. Neben den Dialogbildern in analoger und elektronischer Form bietet das Unternehmen auch kurze Filme und sogenannte Scribbles an, die an Strichmännchen aus Comic-Strips erinnern. Es gibt auch Unternehmen, die ihren Führungskräften den Zeichenstift in die Hand drücken. Continental-Manager entwickelten mit Grafikern die Führungsrichtlinien in einem Dialogbild.
Die aufwendigen Illustrationen haben allerdings ihren Preis, die Kosten beginnen bei etwa 10.000 Euro. Auch wenn David Gezzele gute Erfahrungen mit den beiden bisher eingesetzten Dialogbildern gesammelt hat, empfiehlt er, die Methode nicht zu häufig einzusetzen. In den Sozialräumen der Bank hängen die Dialogbilder noch als Gedächtnisstütze für die Mitarbeiter.