Hybrid und Multi Cloud

Der echte Nutzen von Public-Cloud-Infrastrukturen

Multi-Cloud: Die Automobilindustrie dient als Vorbild

Im Zuge der stetigen Verbreitung der Hybrid Cloud rücken auch Multi-Cloud-Szenarien immer weiter in den Fokus. Für ein besseres Verständnis der Multi-Cloud hilft es, das Lieferkettenmodell aus der Automobilindustrie als Beispiel heranzuziehen. Der Automobilhersteller setzt auf unterschiedliche, zum Teil redundante Lieferanten, die ihn mit einzelnen Komponenten, Baugruppen oder fertigen Systemen beliefern. Am Ende fügt der Automobilhersteller die just-in-time gelieferten Teile in seinen Montagewerken zusammen.

Die Multi Cloud respektive Hybrid Cloud adaptiert die Idee aus der Automobilindustrie, indem mit mehr als einem Cloud-Anbieter zusammengearbeitet wird und am Ende alle in die eigene Cloud-Applikation beziehungsweise Cloud-Infrastruktur integriert werden (s. Abbildung 2).

Abbildung 2: Multi-Cloud-Modell
Abbildung 2: Multi-Cloud-Modell
Foto: Crisp Research AG

Als Teil der Cloud Supply Chain stehen hierbei drei Lieferebenen zur Verfügung die sich für die Entwicklung einer Cloud-Applikation oder den Aufbau einer Cloud-Infrastruktur einsetzen lassen:

  • Micro Service: Micro Services sind granulare Dienste wie Microsoft Azure DocumentDB und Microsoft Azure Scheduler oder Amazon Route 53 und Amazon SQS. Sie lassen sich nutzen, um eigene Cloud-native Applikationen zu entwickeln. Micro Services lassen sich jedoch auch als Teil einer Anwendung integrieren, die auf einer eigenen Infrastruktur betrieben wird und sich durch die Funktionalität des Micro Services erweitern lässt.

  • Module: Ein Modul kapselt ein Szenario für einen bestimmten Anwendungsfall ab und stellt damit eine fertige Teilanwendung zur Verfügung. Hierzu gehören beispielsweise Microsoft Azure Machine Learning und Microsoft Azure IoT. Module lassen sich wie Micro Services für die Entwicklung beziehungsweise die Integration von Anwendungen nutzen, bieten aber einen größeren Umfang hinsichtlich ihrer Funktionalität.

  • Complete System: Bei einem Complete System handelt es sich um SaaS-Applikationen, also vollständige Anwendungen, die sich direkt im Unternehmenskontext nutzen lassen, aber noch über Schnittstellen zu anderen bestehenden Systemen integriert werden müssen.

Eine Enterprise-Cloud-Infrastruktur beziehungsweise Cloud-Applikation kann im Multi-Cloud-Modell auf mehr als einen Cloud Zulieferer zurückgreifen und dabei mehrere Micro Services, Module und Complete Systems unterschiedlicher Anbieter integrieren. In diesem Modell entwickelt ein Unternehmen den Großteil seiner Infrastruktur/Applikation selbst und erweitert die Architektur um weitere externe Services, deren Aufwand zu groß wäre, um sie intern extra neu zu entwickeln.

Das sorgt jedoch für höhere Kosten im Bereich des Cloud-Managements und auf Integrationsebene. Lösungen wie SixSq Slipstream oder Flexiant Concerto haben sich auf das Multi-Cloud-Management spezialisiert und unterstützen bei der anbieterübergreifenden Nutzung und Verwaltung von Infrastrukturen. Elastic.io hingegen arbeitet auf unterschiedlichen Cloud-Ebenen und über verschiedene Anbieter hinweg und steht als zentraler Connector zur Seite, um die Cloud-Integration einfacher zu gestalten.

Die Cloud Supply Chain ist ein wichtiger Bestandteil der Digital Infrastructure Fabric (DIF) und sollte in jedem Fall berücksichtigt werden, um von der Vielfalt unterschiedlicher Cloud-Infrastrukturen, -Plattformen und -Applikationen zu profitieren. Der einzige Wermutstropfen besteht darin, dass sich die oben genannten Value-Added-Services wie Micro Services und Module nur in den Portfolios von Amazon Web Services und Microsoft Azure wiederfinden. Im Zuge der sich rasant entwickelnden Anwendungsszenarien des Internet of Things (IoT) nehmen IoT-Plattformen und Mobile-Back-End-Infrastrukturen einen immer größeren Stellenwert ein. Fertige Lösungsszenarien in Form von Cloud-Modulen erleichtern potenziellen Kunden dabei den Entwicklungsaufwand und geben Anstöße für neue Ideen.

Infrastrukturanbieter, deren Portfolio sich weiterhin auf pure Infrastrukturressourcen wie Server (Virtuelle Maschinen, Bare Metal), Storage und ein paar Datenbanken reduziert, werden mittelfristig von der Bildfläche verschwinden. Nur wer seine Infrastruktur mit Enablement-Services für (Web)-Applikationen, Mobile und IoT-Anwendungen aufwertet, wird wettbewerbsfähig bleiben. (bw)