Kommunikation ohne Sendemasten

Delay Tolerant Networking: Peer-to-Peer fürs Mobiltelefon

Eine Entwicklung von britischen Forschern erlaubt eine Kommunikation zwischen Mobilfunk-Endgeräten ohne die Verwendung von Sendemasten. Das Forscherteam hat eine Programmiersprache für derartige mobile Peer-to-Peer-Netze entwickelt-

Als vor vier Jahren der Hurrikane Katrina über New Orleans hereinbrach, waren Rettungskräfte vor allem auch mit dem Problem konfrontiert, dass das Handynetz großteils nicht funktionierte. Zur Koordination war man auf Funkgeräte und Satellitentelefone angewiesen. Forscher der Universität Cambridge haben nun eine Lösung für dieses Problem parat: Delay Tolerant Networking (DTN), wie es unter anderem auch in der Raumfahrt erprobt wird, TecChannel berichtete. Dabei läuft die Kommunikation über Mobiltelefone auch ohne das Vorhandensein von Sendemasten weiter. Informationen werden direkt von Handy zu Handy verschickt, sobald eine Verbindung zwischen zwei Endgeräten hergestellt werden kann. Ist der Versand von Daten nicht sofort möglich, werden sie einstweilen gespeichert und verschickt, sobald eine Verbindung zustande kommt.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Informatikprofessor Jon Crowcroft hat nun eine Programmiersprache entwickelt, die es Entwicklern vereinfachen soll, Anwendungen für derartige mobile Peer-to-Peer-Netze zu schreiben. Auf Basis von Microsofts F#-Projekt entwickelte das Team die Programmiersprache Data-Driven Declarative Networking (D3N), mit der besonders einfach Applikationen für solche Netze geschrieben werden können. Die Möglichkeiten eines solchen Ad-Hoc-Netzwerkes beschränkt sich indes nicht auf die Sicherung der Kommunikation in Krisensituation, wenngleich das vermutlich eines der bedeutungsvollsten Szenarios darstellt. So könnten Peer-to-Peer-Handynetze auch dazu genutzt werden, lokale Nachrichten zu verbreiten, oder um in einer Clique Jugendlicher Umfragen durchzuführen ohne das Internet oder das Handynetz zu nutzen. "DTN kann unter anderem auch verwendet werden, um abgelegene Ortschaften mit dem Internet zu versorgen. In Indien wird das beispielsweise getestet", sagt Michael Doering, DTN-Experte an der TU Braunschweig im pressetext-Gespräch. Auch für die Verteilung von Podcasts wurden solche Ad-Hoc-Netze bereits getestet. "Dabei haben Studenten Vorlesungsmitschnitte verteilt", sagt er.

Bereits letztes Jahr entwickelte ein anderes Forschungsteam eine Entwicklungsumgebung für DTNs, die den Namen Haggle trägt. Die Haggle-Bibliothek stellt eine Sammlung von Code zur Verfügung, welche die Manipulation von Daten in Peer-to-Peer-Netzen auf Mobiltelefonen vereinfacht. Haggle ist dabei auf fast allen derzeit verfügbaren Plattformen einsatzbereit. Neben Windows, Mac OS und Linux wird auch Googles Android unterstützt. Der Unterschied zu D3N ist, dass jene Bestandteile, die für die Kommunikation im Ad-Hoc-Netz notwendig sind in einer eigenen Library enthalten sind, während diese bei D3N direkt in die Sprache integriert sind, was die Programmierung simpler gestaltet. Außerdem ist D3N-Code leichter zu testen, was besonders Mobilfunkbetreibern entgegenkommen dürfte. "Netzbetreiber wollen sicher sein, dass die Software auf ihren Endgeräten möglichst zuverlässig ist", sagt Crowcroft. Generell, so Doering, sollte das Forschungsteam jedoch nicht zu sehr auf die Unterstützung durch Mobilfunker hoffen. "Netzbetreiber verdienen an DTN-Netzwerken nichts und beteiligen sich deshalb auch nicht an Forschungen in dieser Richtung", sagt er. Für Sprachtelefonie sei DTN freilich keine Alternative, aber beim Versand größerer Datenmengen könnte DTN eine Konkurrenz darstellen.