DBResearch: Internet-Telefonie noch weit vom Massenmarkt entfernt

Internet-Telefonie nimmt den traditionellen Telekomanbietern immer mehr Anteile ab - zumindest wenn man einigen Studien glauben darf. Stefan Heng von der Deutschen Bank Research ist da anderer Meinung und äußert sich kritische zum aktuellen Medienliebling VoIP.

Kürzlich verstarb ein Säugling, weil seine Mutter über ihre Internet-Telefonie-(Voice over IP, VoIP)-Anlage keine Servicenummern anwählen konnte. Zu viel wertvolle Zeit verging, bevor sie über den traditionellen Telefonanschluss eines Nachbarn die Notrufzentrale erreichte. Dieser spektakuläre Todesfall rief weltweit Politiker und Regulierer auf den Plan. Sie forderten von den Internet-Telefonie-Anbietern die baldige Umsetzung der schon lange diskutierten Notruffunktion. Die Anbieter reagierten schnell. Beispielsweise hat ein deutscher Anbieter seit Juli die Notruffunktion in sein Angebot integriert.

Dem Erfolg der Internet-Telefonie scheint damit nichts mehr im Wege zu stehen - jedenfalls vermitteln einige Medien diesen Eindruck. Allein in Deutschland gibt es monatlich über 1.000 Beiträge zu diesem Thema. Erleben wir mit dem Medienliebling Internet-Telefonie das baldige Ende der analogen Sprachtelefonie? Stehen mit der Internet-Telefonie nun tatsächlich die letzten Tage der klassischen Telekomunternehmen bevor?

Ein nicht nur flüchtiger Blick auf das Thema Internet-Telefonie dämpft bereits die Euphorie. Tatsächlich ist die Internet-Telefonie keine völlig neue Idee. Bereits in den 1990er Jahren sprachen ihr Analysen eine große Zukunft zu. Doch wegen Unzulänglichkeiten der damals aktuellen Übertragungstechnologien wurde die Anwendung schon bald wieder vom Markt genommen. Mit moderner Technologie steht die Internet-Telefonie heute für einen zweiten Anlauf bereit. Dabei ist mit der Notruffunktion zwar eine besonders medienwirksame Hürde genommen, aber lediglich die allererste. Die beiden wirklich großen Herausforderungen auf den Weg zum Massenmarkt liegen in der Verbreitung breitbandiger Übertragungstechnologien sowie der Möglichkeit zur gleichzeitigen Nutzung eines Teilnehmeranschlusses durch mehrere Dienste-Anbieter ("Entbündelung").