Bei TUI

Das letzte Mainframe geht vom Netz

Die Reste abräumen

Als besonders aufwendig erweisen sich in der Regel die restlichen Applikationen, die auf dem Mainframe zurückbleiben, nachdem die wichtigsten Anwendungen in der neuen Umgebung laufen. Unter den Resten sind teilweise jahrzehntealte Dienste, von denen niemand mehr Kenntnis hat und deren Dokumentation fehlt. Der Aufwand, diese Anwendungen zu analysieren, steht kaum im Verhältnis zur möglichen Risikominimierung. Doch von Big-Bang-Aktionen kann hier nur abgeraten werden. Die Praxis zeigt, dass tatsächlich immer wieder vitale Nervenstränge getroffen werden, wenn auf gut Glück Dienste abgestellt werden. Im TUI-Projekt hat sich eine Struktur bewährt, die das Unternehmen mit seinen Abteilungen gespiegelt hat und an den Anwendungsbereichen wie Agenturwesen oder Flugbereich ausgerichtet war. Schrittweise wurden zunächst nachts im Lauf der Woche einzelne Bereiche abgeschaltet und am Morgen danach für das jeweilige Arbeitspaket geschaut, ob es negative Auswirkungen gab. Dazu gehörten auch kritische Batches, die nachts liefen, und Tausende von Jobs wie Datensicherungen, die im Lauf der Zeit über komplizierte Netze aufgebaut wurden. Dabei zeichneten sich relativ schnell einige Aha-Effekte und Muster ab, auf welche Dinge besonders stark geachtet werden muss. So sollten alle Jobs im Bereich von Datenbanksicherungen mit besonderer Vorsicht behandelt werden. Ein Jobsteuerungssystem wie UC4 hilft bei der Transparenz.

Stellen, an denen es wehtut

Die Online-Anwendungen der TUI waren in CICS (Customer Information Control System) für IBM z/OS implementiert. Bedingt durch die komplexen Strukturen des ehemaligen TUI Reservierungssystems gab es eine Vielzahl von CICS-Systemen mit entsprechend vielfältigen Wechselwirkungen.

Manche Anwendungen bzw. Transaktionen benötigen mehrere CICS-Systeme für Zugriffe auf remote Ressourcen. Hier müssen kritische Funktionen gegebenenfalls wieder aktiviert werden. Generell machen besonders Datenbankthemen Probleme. Da die Datenbanken sich selbst optimieren, fallen Abhängigkeiten oft erst dann auf, wenn versucht wird, einzelne Teile abzuschalten. Diese Selbstverwaltung ist für den Anwender schlicht eine Black Box, es macht deshalb Sinn, einen Bogen darum zu schlagen. Im TUI-Projekt wurde das Datenbankumfeld völlig gekapselt. Diese Umgebung haben wir erst abgeschaltet, als keine Anwendung mehr produktiv auf dem Mainframe lief - als letzte Tat. Erstaunlich wenig Probleme ergaben sich hingegen mit dem gesamten Daten-Output, darunter Vakanzlisten, Stammdaten und Reisebüroabfragen. Anders als erwartet, gab es keinerlei Aufschrei in den Fachbereichen. Rund ein Jahr wurde konkret mit Akribie und Aufmerksamkeit am Abräumen der Reste gearbeitet. Dabei waren die Mainframe-Administratoren und zwei Datenbankadministratoren involviert, ebenso wie Anwendungsentwickler und eine Arbeitssteuerungstruppe.