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Erhebliche Unterschiede bei den Mikrofonen

Zwischen den Mikrofonen der einzelnen Anbieter bestehen erhebliche Unterschiede. Polycoms Mikro war mit Abstand am besten. VCON, VTEL und Picturetel statten ihre Systeme mit "Audio Technica"-Einrichtungsmikrofonen aus. Diese als PZM-Mikrofone bezeichneten Geräte entsprechen teilweise dem Standard von Polycom. Allerdings blieben Polycoms herausragende Echokompensierung und integrierter Stummschalter bei allen durchgeführten Tests unerreicht. Der XLR-Mixer mit Dreifacheingabe von VTELs Galaxy 725 setzte den Standard für die Audio-Integration. Das Akronym XLR steht dabei für einen Cannon Stecker mit drei Pins. Die von anderen Herstellern unterstützten TA3- oder 3,5-mm- beziehungsweise 1,8-Zoll-Einzelstecker sind weitaus anfälliger für Brummen und Interferenzen. Als Benchmark diente NTSC-Playback in VHS-Qualität mit 29,97 Frames pro Sekunde. Damit lieferten alle Testprodukte Video in annehmbarer Business-Qualität. Für die Tests wurde die Bewegung auf die Lippen, die Mimik und eine subtile Körpersprache beschränkt; die Video-Framerate lag in diesem Fall bei mindestens 20 Frames und 256 kBit/s.

Ein Video-Signal, das mit den beiden Industriestandard-Algorithmen H.263 und H.261 produziert wurde, bietet gleichwertige Qualität bei 384 kBit/s. Die Preis-Leistungs-Grenze für Audio- und Videoqualität liegt unverändert bei 384 kBit pro Sekunde über ISDN. Bei 384 kBit/s über ein IP-Netzwerk war die Videoqualität wesentlich schlechter als bei derselben Datenrate via ISDN. Solche Unterschiede machen sich vor allen Dingen bei Schärfe, Deutlichkeit und der Synchronisierung von Ton und Lippenbewegungen bemerkbar. Dies wird zum Teil durch den Overhead von IP verursacht. Für die Übertragung werden die Pakete nämlich mit Headern versehen.

Die einzelnen Codecs, das heißt die PC-Zusatzboards für die Videocodierung und -decodierung, unterschieden sich beträchtlich im Hinblick auf drei Schlüsselkriterien für die Videoqualität: Farbe, Bildschärfe und Bildwiederholfrequenz. Polycoms Viewstation MP war in allen drei Kategorien nicht zu schlagen. Diesem Produkt blieb die Höchstnote 10 allein deshalb verwehrt, weil sich die Bildqualität auf etwas stärker belasteten IP-Netzwerken ohne Quality-of-Service (QoS) verschlechterte.

Auch Intels Teamstation 5.0 und VCONs MC8000 schnitten bei den Tests zur Audio- und Videoqualität gut ab. Teamstation lieferte ankommende Bilder in einer Schärfe, die stets weit über dem Durchschnitt lag, auch wenn die Spektraleigenschaften die Hauttöne nicht trafen und Video auf der Empfangsseite nur von durchschnittlicher Qualität war, sofern keine Teamstation-to-Teamstation-Konfiguration gegeben war.

Die Videoqualität von MC8000 war überdurchschnittlich, wenn die Optimierung für den Viertelbildschirm berücksichtigt wurde. Auf einem NTSC-Videomonitor fiel sie jedoch deutlich schlechter aus. Wir bewerteten die Qualität relativ hoch, in der Annahme, dass das MC8000-Video für die Unterstüzung von Kollaborationsaktivitäten und nicht als "Talking-Head"-System für kleinere Gruppen eingesetzt wird. Auch wurde die Videoqualität von MC8000 durch Engpässe in der IP-Umgebung weit weniger beeinträchtigt, als dies bei anderen Systemen der Fall war. Die restlichen fünf Systeme eigneten sich durchaus für "Talking-Head"-Applikationen, unterschieden sich aber beträchtlich im Hinblick auf die automatische Anpassung der Echokompensierung für Audio-Feedback, Bildschärfe, Lippensynchronisierung und bewegungsbedingte Bildfehler. P550 von Picturetel und Smartstation von VTEL schnitten in dieser Testkategorie schlecht ab, denn sie basieren auf Codecs, die inzwischen bereits zwei Jahre alt sind.

Mit der Audio- und Videoqualität allein ist es jedoch nicht getan. Unabdingbar ist auch eine ansprechende, berechenbare und reaktionsschnelle Benutzeroberfläche. Polycoms Viewstation MP hat sich hier zum Industriestandard entwickelt, auch wenn die Bildschirm-basierte Schnittstelle und die Merkmale für die Fernsteuerung eher auf ein Videospiel als auf ein komplexes Telekommunikationssystem schließen lassen. Die übrigen Anbieter haben ebenfalls ihre in die Jahre gekommenen Oberflächen zumeist erfolgreich aufgefrischt, können aber mit dieser seit nunmehr zwei Jahren existierenden Schnittstelle nicht konkurrieren.

Die Fernsteuerung von VTELs Galaxy 725 ist sehr attraktiv. Das in Schwarz und Stahlblau gehaltene Gerät bietet einen "daumenfreundlichen" Joystick zur Steuerung der Kamerabewegung und Anzeige der Bildschirmmenüs. Die Bildschirmdarstellungen für die Navigation und Systemsteuerung sind zwar einfach zu lesen, aber nicht immer intuitiv angeordnet, zumal es auf NTSC-Monitoren zu Überlagerungen mit höher aufgelöstem VGA-Output kommt.

Auch Sonys "Handheld-Stab" ist von guter Qualität, die Oberfläche jedoch alles andere als intuitiv. Zahllose Reihen kleiner Buttons und verwirrende Befehle wirken nicht besonders einladend. Das Bildschirm-basierte Textmenü ist übersichtlich, aber einige Grundeinstellungen - dazu gehören zum Beispiel die Bonding-Selektion oder das Umschalten zwischen ISDN und IP - machen immer noch den Griff zum Handbuch erforderlich. Die Text- und Dateneingabe ist auf jeder Fernsteuerung ein Kunststück. Deshalb bieten Galaxy 725, Intels Teamstation und die beiden VCON-Geräte Infrarot-Tastaturen und Mausunterstützung. Alle diese Geräte lassen sich auch drahtlos anschließen. Dann stellen die übermäßig langen Reaktionszeiten jedoch die Geduld der Anwender auf eine harte Probe. Die komplizierte, aus mehreren Fenstern bestehende Oberfläche von MC8000 eignet sich vorwiegend für erfahrene Anwender. Als Vorteil ist hier jedoch hervorzuheben, dass eine Vielzahl von Icons einen internationalen Einsatz dieses System zu einer problemlosen Sache machen.

Die Benutzerschnittstelle des Produkts Teamstation präsentiert sich im Gegensatz dazu als wesentlich weiterentwickelt und erscheint dadurch einfach und intuitiv zu bedienen zu sein. Der Anwender hat jedoch keine Möglichkeit, auf die Einstellungen zuzugreifen oder die Konfiguration auf eine bestimmte Applikation abzustimmen. Dies verbessert die Systemzuverlässigkeit, geht aber in mancher Hinsicht zu weit, denn es fehlen grundlegende Benutzersteuerungen wie etwa das Ergänzen von Nummern im Schnellwählverzeichnis. Picturetels P550 bildet in diesem Bereich das Schlusslicht. Die Benutzeroberfläche erinnert an die Windows-3.1-Ära, denn für unterschiedliche Funktionen müssen separate Menüs geschlossen und neue geöffnet werden. Und dies, obwohl P550 auf der Windows-NT-Plattform läuft, also unter einem Betriebssystem, das durchaus in der Lage ist, zahlreiche weitergehende Fähigkeiten zu unterstützen.