Consumer und Enterprise

Java drängt mit Macht in Applikationen für typische Konsumartikel bis zu Enterprise-Lösungen. Deutliches Indiz hierfür waren Ankündigungen und Vorträge zur dritten Javaone-Konferenz, die kürzlich in San Franzisko stattfand und rund 14000 Besucher anlockte.

Von: Jürgen Fey

Während sich viele Java-Kritiker noch mit einer genauen Analyse des potentiellen Einsatzgebietes der Java-Technik für ihr Unternehmen zurückhalten, bauen andere ihre Zukunft auf dem Newcomer unter den Systemumgebungen. Das Spektrum der möglichen Applikationen ist hierbei so breit wie es die Phantasie der Entwickler zuläßt. Die Javaone in San Franzisko war ein wichtiger Gradmesser für die aktuellen Entwicklungen und Trends in diesem Bereich. Die Ankündigungen und Vorträge machten schnell klar: Java ebnet sich derzeit den Weg in die Zentralen der Unternehmen und drängt zugleich mit Macht in die Consumer-Elektronik.

Das Spektrum reichte vom Java-Ring, auf dem ein Applet immer dann durch die eingebaute Java-Hardware abgearbeitet wird, sobald Daten über den Port fließen, über eine Vielzahl von Set-Top-Boxen und PDAs bis zur Ankündigung von IBM, die gesamte Produktpalette schrittweise auf Enterprise Java Beans umzustellen.

Auf Java aufbauende Systeme sollen nach dem Willen von Sun-Boß Scott McNealy die gesamte Computerlandschaft umkrempeln: "Dank Java borgen wir uns die Systeme dort, wo wir gerade arbeiten." Alle zur Arbeit notwendigen Zugriffsinformationen könnten sich in einer Chipkarte befinden, die als "Ausrüstung" ausreiche. Das Mitschleppen eines Notebooks entfällt, denn somit kann man einfach auf die lokal verfügbaren Ressourcen zugreifen, um an die eigene Daten heranzukommen. Die vollständige Vernetzung der Server in den Unternehmen über das Internet, kombiniert mit einer starken Verschlüsselung und dem Javacard-Zugriffsschutz soll diese Vision Wirklichkeit werden lassen.

Nach dem Beinahe-GAU vor einigen Jahren beschäftigt sich der blaue Riese IBM aktiv mit der neuen Technik, um den eigenen Fortbestand zu sichern. Einen Tag vor der Javaone stellte man die eigene Roadmap vor, die vor Java-Pflastersteinen nur wimmelte. Demnach baut IBM intern alle Anwendungen auf Java-Technik auf beziehungsweise portiert bestehende Projekte, zum Teil mitten in der

Implementationsphase. Für Ian Brackenbury, Chief Scientist im IBM Hursley Lab, stehen Java und dabei insbesondere die Enterprise Java Beans (EJB) im Zentrum aller wichtigen Server- und Middleware-Produkte des Hauses: "Der Kunde hat in der Regel eine heterogene Systemumgebung. EJB vereinfachen die Entwicklung, an deren Ende sich der Programmierer wieder mit der Applikation beschäftigen und einzelne Komponenten wiederverwenden kann."

Die zukünftige Serverplattform für die Unternehmen sieht eine Server-Architektur vor, die unterschiedliche Protokolle (HTTP, RMI, JavaBeans, CORBA) in sich vereint. Die serverbasierenden Servlets (Java-Programme als CGI-Ersatz) sollen Grundlage für neue Applikationen bilden beziehungsweise die Anbindung an bestehende Legacy-Datenbestände (CICDS, DB2) zur Verfügung stellen. Die IBM-Chefentwickler beklagten zwar die derzeit noch zu rasanten Entwicklungssprünge der Java Developer Kits (JDK) mit der damit einhergehenden fehlenden Stabilität, doch gehe kein Weg an Java vorbei. Schließlich verkürze sich die Programmierphase zum Teil drastisch, so daß sich die Anwendungsprogrammierer wieder den größeren Teil ihrer Zeit mit der Programmierung der eigentlichen Applikation beschäftigen können.

Man könnte sich dennoch ob der aggressiven Ankündigung fragen, ob IBM nicht mit diesem Schritt davon ablenken will, daß die neuen Java-Anwendungen den Kunden wie bisher weiter an die propriätäre IBM-Architektur im Hintergrund binden wollen. Die Java-Anwendungen sind als Clients jetzt zwar plattformunabhängig, sind aber hinsichtlich der Infrastruktur nach wie vor "IBM-hörig".