CompuServe-Prozess um Kinderpornos

Am kommenden Montag beginnt die Berufungsverhandlung gegen den Ex-CompuServe-Geschäftsführer Felix Somm. Er war am 28. Mai 1998 unter anderem wegen Verbreitung von Kinderpornografie verurteilt worden.

Das Münchner Amtsgericht als niedrigste Instanz hatte Somm zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 100.000 Mark Geldstrafe verurteilt. Vorangegangen waren dem Verfahren Ermittlungen der Münchner Polizei, die zwischen 1995 und 1996 unter anderem pornografische Bilder mit Kindern über CompuServe aus Internet Newsgroups heruntergeladen hatte. Richter Hubbert sah es als erwiesen an, dass Somm als Geschäftsführer auch für die über CompuServe verbreiteten Inhalte verantwortlich sei.

Der die Anklage führende Staatsanwalt Franz von Hunoltstein betonte bei Prozesseröffnung 1998, dass Somm gar nicht vor Gericht stehen würde, wenn CompuServe ein reiner Access Provider wäre. In dieser Funktion wäre CompuServe nicht zu belangen gewesen, wie das seit 1998 gültige Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) festlegt. Die entsprechenden Paragrafen des IuKDG kamen jedoch in der ersten Instanz gar nicht zur Anwendung. Nach drei Verhandlungstagen stellten sowohl Verteidigung wie Anklage Antrag auf Freispruch. Völlig überraschend verurteilte Richter Hubbert den CompuServe-Geschäftsführer dennoch. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben sofort Berufung eingelegt.

Am 15. November 1999 wird der Fall vor der nächsten Instanz, dem Landgericht München, neu aufgerollt. Oberstaatsanwalt Manfred Wick teilte tecChannel auf Anfrage mit, dass Franz von Hunoltstein wieder die Anklage vertreten wird. Den Vorsitz führt diesmal der Vorsitzende der Strafkammer, Dr. Ember. Das Verfahren ist auf drei Tage angesetzt, die Wick auch für ausreichend hält.

Da schon ein Urteil vorliegt, kann der Prozess nur mit einer Bestätigung oder einem Freispruch enden. Auch danach kann der Spruch noch angefochten werden. Das gesamte Verfahren gilt als Präzedenzfall für die Verantwortlichkeiten von Internet Service Providern. (nie)