Cash Management

Bitcoins allenfalls Marketing-Gag

Kursdifferenzen von 16 Prozent

Bis hierhin deckt sich meine Auffassung noch mit denen der Anhänger der Netzwährung. Was die Bitcoin-Vertreter aber meist vernachlässigen sind die gesamten Transaktionskosten, die ein Händler berücksichtigen muss, wenn er eine solche Zahlungsform anbietet. Wer nun Bitcoin als Zahlungsform akzeptiert, der muss sich deutlich machen, welche Transaktionskosten erhöhenden Risiken für einen Händler damit verbunden sind, der sonst in Euro fakturiert und bilanziert. Aus meiner Sicht erschweren insbesondere die deutlichen Preisschwankungen der Bitcoins die Kalkulation für Händler. Zeichnet ein Händler seine Preise neben seiner Hauswährung Euro auch in Bitcoin aus, dann müsste er dauernd die Preise in Echtzeit anpassen.

Dafür muss sein Shop-System entsprechend ausgelegt sein. Dabei stellt sich schnell die Frage, an welchen Umtauschpreis sich der Händler orientieren sollte. Die Site bitconity.org verzeichnet 5 verschiedene Handelsplätze, von denen Mt.Gox der bekannteste ist. Daneben bietet der ostwestfälsiche Bitcoin-Marktplatz bitcoin.de Tauschmöglichkeiten, allerdings nur für geringe Volumina. Leider unterscheiden sich die Preise der Plattformen erheblich voneinander. Am 30. November 2013 um 18:15 Uhr notierte Mt.Gox 873,90 Euro, BTC 820,40 Euro, Kraken 860,00 Euro, localbitcoins 951,68 Euro, bitcurex 840,00 Euro und bitcoin.de 828,81 Euro. Zwischen dem niedrigsten und höchsten Kurs lagen allein 16 Prozent. Händler orientieren sich im Zweifel am ehesten an Mt.Gox. Die in Japan sitzende Handelsplattform berechnet freilich eine Umtauschgebühr von 0,6 Prozent.

10 Minuten - eine Ewigkeit

Sollte die sich ständig variierende Preisänderung allein aus technischen Gründen verbieten, könnte der Händler erst beim Bezahlen selbst den Preis in Bitcoin umrechnen und zwar zu dem dann gültigen Kurs. Spätestens ab diesem Zeitpunkt beginnt nun aber die Risikouhr zu ticken. Zwischen Geschäftsabschluss, Beginn und Ende der Zahlungstransaktion liegt nämlich ein unbekannter Zeitraum, der bei den derzeitigen Preisschwankungen für einen Händler schneller teuer werden kann. Der Händler schließt im Idealfall bei Geschäftsabschluss ein Gegengeschäft ab. Es wäre reiner Zufall, wenn dies genau zu dem Kurs möglich wäre, den er genannt hat. Dazu muss der Bitcoin-Betrag in einer Wallet des jeweiligen Marktplatzes hinterlegt sein. Der Händler verfügt aber selbst noch nicht über das Geld.

Die Zeitangaben für die Transaktion schwanken und sollen um die 10 Minuten betragen. Das ist zwar im Vergleich zu traditionellen Überweisungs- und Lastschriftverfahren nahezu Lichtgeschwindigkeit, im Zeitalter großer Marktschwankungen aber eine Ewigkeit. Der Händler müsste nämlich in diesem Fall 10 Minuten bis zum Eingang der Bitcoins warten und 10 weitere Minuten kalkulieren bis zum Transfer an den Handelsplatz. Dazu muss er Zeit für das manuelle Handling beim Kunden und gegebenenfalls bei sich rechnen.

Der Zeitraum von vielleicht 30 Minuten ist aber eher ein Idealszenario und setzt voraus, dass es keine technischen Störungen gibt. Muss sich der Kunde zunächst selbst Bitcoins am Markt besorgen, kann ein deutlich längerer Zeitraum vergehen. Noch nicht berücksichtigt ist außerdem, dass der Händler ein zusätzliches Kreditrisiko gegenüber dem Bitcoin-Handelsplatz eingeht. Bei geringen Beträgen beziehungsweise Produkten mit großen Margen kann man solche Risiken vielleicht aus Marketinggrünen erwägen, nicht aber, wenn die Zahlungsbeträge groß und die Margen eng sind.

Erst recht verbietet sich die heutige Vereinbarung eines Festpreises in Bitcoin, wenn die Zahlung zu dem heute festgelegten Preis erst in einigen Tagen oder gar Wochen erfolgen soll. Bitcoin ist ein sehr spannendes Experiment. Für den kommerziellen Geschäftsverkehr erschweren aber zu viele Risiken und vor allem die Preisschwankungen die Kalkulation. Ein großer Mangel ist daneben die deflationäre Tendenz durch die technische Begrenzung auf 21 Millionen “schöpfbare” Bitcoins. Die Geldmenge wächst also nicht mit dem Warenvolumen. Damit ist es attraktiver Bitcoins zu horten, statt auszugeben. (mhr)