Bill Gates warnt vor Compaq-Windows

Im Kartellprozess um Microsoft hat am Montag Bill Gates den Zeugenstand betreten. Der Microsoft-Gründer hat das von den Bundesstaaten vorgeschlagene Strafmaß als unannehmbar zurückgewiesen.

Bevor die Anwälte der Kläger zum Kreuzverhör antraten, stand dem Gericht eine (Powerpoint-) Präsentation bevor. Microsoft versuchte in den Folien darzulegen, welche verheerenden Auswirkungen die Forderung nach einem um die Middleware erleichterten Windows für den Fortbestand des Konzerns hätte. Gates kommentierte dazu, es sei nicht möglich, zum Beispiel den tief greifenden Code des Internet Explorer zu entfernen, und trotzdem die gleiche Funktionalität des Betriebssystems zu gewährleisten. Funktionen von Windows, die auf der Internet Explorer-Technologie beruhen, könnten dann nicht mehr angeboten werden.

Für Gates bedeutet die Forderungen der Kläger, dass Windows durch große Lizenznehmer zerstückelt werden könnte. Wenn zum Beispiel AOL sich ein Windows nach eigenem Gusto baue, so Gates, sei die Funktionalität der Middleware konkurrierender Software-Produkte nicht mehr garantiert. Jeder Entwickler müsste sich dann entscheiden, für welches Windows er programmiere. Freie Entwickler würden durch die Forderung nach einem modularen Windows nur noch ein fragmentiertes Windows vorfinden. Gates illustrierte seine Befürchtungen mit der Vision eines Corel Word Perfect für Comaq-Windows, das nicht kompatibel mit einem möglichen Dell- oder Gateway-Windows sei.

Darauf ging Steve Kuny, Anwalt der Klägerseite im Kreuzverhör ein, indem er auf die bereits existierenden Unterschiede in der Codebasis zwischen Windows 9x und NT hinwies. Er zeigte dem Gericht eine Anleitung für Programmierer, in der Microsoft Hilfestellung zur Portierung des Codes zwischen Windows 9x und NT gibt. Gates antwortete, dass sich diese Anleitung für Entwickler auf eine marginale Änderung im Windows-Installer bezogen habe.

Die Forderung der Staaten, den Code von Office an verschiedene Instanzen zu lizenzieren, die dann unter anderen Betriebssystemen lauffähige Versionen entwickeln könnten, nannte Gates eine zu harte Strafe. Damit wäre die Existenz des Office-Geschäfts bedroht, sagte Gates und sprach von Grabesstimmung für das Office-Business. Wie er vor Gericht ausführte, erzielt Microsoft mit Office drei Mal soviel Umsatz wie mit Windows. Microsoft verdiene mit Windows etwa 70 US-Dollar pro Kopie, mit Office zwischen 150 und 275 US-Dollar.

Die Forderung den Windows-Code an Dritte weiterzugeben, wies Gates ebenfalls als nicht machbar zurück. Das wäre der Transfer geistigen Eigentums an die Konkurrenz, sagte er. Die Funktionalität und Qualität von Windows wäre damit nicht mehr gewährleistet, fügte er an. Weitere Meldungen zum Prozess finden Sie in der tecHistory. (uba)