Vorgesetze als Dienstleister der Mitarbeiter
Auslaufmodell: Klassische Chefs sind out!
Wie werden wir künftig arbeiten - immer noch vorwiegend tayloristisch mit Arbeitsteilung und einer Top-down-Führung? Oder ist tatsächlich die Mannschaft der Star? Unter diesem Motto hat es Berti Vogts bei der Fußball-EM 1996 immerhin geschafft, den bis heute letzten Titel der deutschen Fußballnationalmannschaft einzufahren. Fest steht: Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch, und alte Strukturen stehen zur Disposition. Gerade die IT-Branche mit ihren komplexen Aufgaben ist ein Vorreiter, wenn es darum geht, traditionelle Methoden und Führungsstile zu hinterfragen.
Der agile Erfolg
Ein Beispiel für die sanfte Veränderung ist der Siegeszug der agilen Methoden: "Hier passiert seit Jahren unheimlich viel", sagt Jutta Eckstein, die als Projekt-Managerin, Coach und Beraterin arbeitet.
Ein Grund für den Erfolg ist neben dem Spaß an der Arbeit auch die Erkenntnis, dass eine starre Organisation das Scheitern vieler IT-Projekte nicht verhindern konnte, so die Expertin: "Von den drei Projektdimensionen Zeit, Budget und Nutzen läuft fast immer eine aus dem Ruder." Dabei können Projekte durchaus erfolgreich sein, selbst wenn sie Budget oder Zeitplan sprengen. "Dumm ist nur", sagt Eckstein, "wenn man das Falsche entwickelt".
Da sich in der IT die Anforderungen während eines Projekts stetig verändern, stößt der klassische Ansatz an Grenzen. Dies gilt zunehmend für alle Bereiche der Arbeitswelt, in denen die traditionellen Aufgaben durch einen Projektansatz abgelöst wurden.
"Das Problem der Ziele, die sich im Projektverlauf ändern, bekommen Sie nicht mit einer vollumfänglichen Spezifikation in den Griff", sagt Eckhart Hanser, Professor und Studiengangsleiter für Angewandte Informatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Lörrach.
Die Projektleitung müsse auf Marktanforderungen und geänderte Rahmenbedingungen immer wieder mit neuen Prioritäten reagieren. "Den inzwischen fehlinvestierten Aufwand für Entwicklung und Dokumentation können Sie abschreiben", so Hanser, der zudem Sprecher der Fachgruppe für Vorgehensmodelle in der Gesellschaft für Informatik (GI) ist.
Die Zügel anzuziehen sei nicht der richtige Weg: "Beim V-Modell mit über 100 Dokumententypen gibt es nicht mehr viele Freiheiten, die man einschränken kann."
- 1. Crowd-Sourcing
In der Arbeitswelt von morgen arbeiten Menschen in <b>virtuellen Teams</b> zusammen, oft ohne sich zu kennen. Diese Teams werden kurzfristig zusammengestellt und sind über moderne Kommunikationsmittel verbunden. Anders als in vielen heutigen Projekten definiert sich diese Crowd vor allem funktional und weniger durch Hierarchien. Pervasive IT und Cloud Computing bieten dafür eine technische Grundlage. Die Mitarbeiter in solchen virtuellen Teams gehen oft <b>kein festes Beschäftigungsverhältnis</b> ein, sind flexibel und daran gewöhnt, mit stark schwankenden Einkommensverhältnissen zurechtzukommen. Das kann zwar kurzfristig zu einer Steigerung der Produktivität führen, langfristig können Unternehmen aber auch Schwierigkeiten bei der Bindung von Spezialisten bekommen. - 2. Das Ergebnis muss stimmen
War die Arbeitswelt bisher primär über die vertraglich geregelte Arbeitszeit organisiert, so rückt jetzt das <b>Arbeitsergebnis</b> in den Fokus. Da sich die Produktivität der Arbeitsprozesse gerade unter den Bedingungen des Crowdsourcings nur unzureichend über die Anzahl aufgewendeter Stunden erfassen lässt, werden zunehmend <b>Output-orientierte Messmethoden</b> eingeführt. - 3. Einsatz von mobilen Geräten
In Unternehmen werden <b>unterschiedliche Endgeräte</b> und Betriebssysteme verwendet, die auf die jeweiligen Einsatzbereiche abgestimmt sind. Cloud Computing bietet dafür eine Fülle von Möglichkeiten, da die jeweiligen Endsysteme damit auf einen <b>praktisch unbegrenzten Vorrat</b> an Daten und Anwendungen zugreifen können. Kompatibilität, Interoperabilität und Datensicherheit sind dabei entscheidende Faktoren. Nur solche Systeme werden sich durchsetzen, die sich nahtlos in die IT-Landschaften integrieren lassen. - 5. Werte versus Regeln
Die IT gibt Unternehmen Möglichkeiten, die Leistung ihrer Mitarbeiter umfassend zu analysieren. Arbeitsprozesse werden auf dieser Basis reglementiert und kontrolliert. Da ein gutes <b>Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer</b> elementar ist, müssen beide Seiten einander vertrauen. Zukunftsorientierte Firmen könnten daher eher auf ein werte- als auf ein regelbasiertes Modell bauen. - 6. Innovative Mitarbeiter
Innovationen werden künftig weniger vom Management eingebracht als von Mitarbeitern, die ihre privaten Geräte und Anwendungen auch im beruflichen Umfeld nutzen. Diese Beschäftigten sind mit IT sozialisiert und wollen ihren selbstbestimmten Lebensstil beibehalten, wozu der <b>Gebrauch von privaten Notebooks, Smartphones</b> ebenso gehören kann wie Social-Media-Aktivitäten. Die Mitarbeiter sind mit den Systemen in der Regel bestens vertraut und können mit ihnen effizient arbeiten, so dass Restriktionen von Seiten der Unternehmen kontraproduktiv wären. Sie müssen daher <b>Verfahren entwickeln</b>, um diese privaten Systeme in ihre IT-Strukturen zu integrieren. - Fazit
Da der Wandel durch die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik vorangetrieben wird, sollen Arbeitgeber den Hebel an dieser Stelle ansetzen und <b>individuelle Konzepte</b> zum Umgang damit entwickeln. Die <b>Integration der sozialen Medien</b>, die Bereitstellung einer umfassenden Kommunikationsstruktur und die Einbindung privat genutzter Geräte bieten Chancen, um Arbeitnehmer an ein Firma zu binden und die Arbeit effektiv zu gestalten.