Auf dem Weg zu 100 Gigabit

Physik als wichtige Basis für Ethernet

Das Fundament für ein Ethernet-LAN mit 100 oder 1000 MBit/s bildet die Verkabelung. Die ISO-Standards und DIN-Normen für die strukturierte Verkabelung sehen als Übertragungsmedien verdrillte Kupferleitungen und Glasfaser vor. Die Glasfaser in den beiden Varianten Multimode und Monomode stellt nahezu unbegrenzte Kapazitäten und Reichweiten bereit. Sie wird deshalb nicht nur für den Einsatz im Primär- und Sekundärbereich sowie für Metropolitan Area Networks und WANs empfohlen, sondern auch für den direkten Anschluss von Workstations. Störungen durch elektromagnetische Wellen, Erdungsprobleme und Potenzialtrennung lassen sich damit eliminieren.

Die verdrillte Kupferleitung (Twisted Pair, TP) wird in Kategorien beziehungsweise Klassen eingeteilt. Der Ausdruck "Kategorie" bezieht sich auf die einzelnen Komponenten wie Stecker, Buchse und Kabel, "Klasse" dagegen auf das gesamte System - vom Etagenverteiler bis zum Arbeitsplatz. Auf die Thematik ungeschirmte oder geschirmte Kabel (UTP oder STP) soll hier nicht weiter eingegangen werden, weil sie größtenteils als philosophisch zu betrachten ist. Allerdings reichen die Kabelspezifikationen der Kategorie 3 mit einer Grenzfrequenz von 1 MHz und der Kategorie 5 mit einer Grenzfrequenz von 100 MHz nicht mehr für eine zuverlässige Übertragung von GE-Signalen aus.

Die physikalische Grundlage von Gigabit-Ethernet sind bewährte Techniken des "alten" Ethernet und des Fibre Channel (ANSI X3T11). Die Fibre-Channel-Variante ist unter 802.3z, die Twisted-Pair-Verkabelung unter 802.3ab standardisiert. Insgesamt können vier Übertragungsmedien für Gigabit-Ethernet eingesetzt werden, die unterschiedliche Entfernungen überbrücken:

- Singlemode-Glasfaser bis 5000 Meter,

- Multimode-Glasfaser mit unterschiedlichen Kerndurchmessern und Transceivern zwischen 220 und 550 Meter,

- Twinax-Kabel bis 25 Meter,

- Twisted-Pair UTP/STP bis 100 Meter.

Heute gilt im LAN Ethernet mit 100 MBit/s bis zum Arbeitsplatz als Standard, während Gigabit-Ethernet im Backbone zum Zuge kommt. Nachdem der in der zweiten Jahreshälfte 1998 verabschiedete Standard für Gigabit-Ethernet heute als stabil angesehen werden kann, begann die IEEE-802-Arbeitsgruppe damit, eine Norm für 10-Gigabit-Ethernet zu erarbeiten. Der Zeitplan der Projektgruppe P802.3ae ist sehr ehrgeizig: Bis Mitte 2002 soll ein Standard vorliegen.

Gigabit-Ethernet behielt das Zugriffsverfahren CSMA/CD sowie das Rahmenformat mit minimaler und maximaler Länge bei. Um die Interoperabilität mit bestehenden 802.3-Netzen zu gewährleisten, wurde das Verfahren "Carrier Extension" eingeführt. An Rahmen mit weniger als 512 Octets werden "Extension Symbols" angefügt, und zwar so viele, bis die Größe von 512 Octets erreicht wird.

Weil das Verfahren ineffizient arbeitet und Bandbreite verschwendet, entstand mit "Packet Bursting" eine Alternative. Bei dieser Technik wird nur der erste Rahmen gemäß Carrier Extension aufgefüllt, alle weiteren mit dem kleinstmöglichen Abstand ("Inter Packet Gap", IPG) angefügt. Packet Bursting ist auf die Übertragung von maximal 8 KByte limitiert. Beide Verfahren sind jedoch nur für den Halbduplex-Betrieb relevant. Für den künftig wesentlich wichtigeren Vollduplex-Betrieb ist keines der beiden Verfahren erforderlich, weil dann keine Kollisionen mehr erkannt werden müssen.

Vollduplex-Gigabit-Ethernet ermöglicht die geografisch unbegrenzte Ausdehnung eines Netzwerkes und somit auch den Einsatz im MAN und WAN. Bei den vorgegebenen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen werden die Funktionen Carrier Sense, Collision Detect und Loop-Back unterdrückt. Die Einschränkungen von Spanning Tree, das zwar eine redundante Netzwerkgestaltung unterstützt, aber parallele Pfade unterbindet, hebt die "Link Aggregation" (802.3ad) auf. Damit lässt sich die Bandbreite durch mehrere parallele Wege erhöhen und mit Hilfe von Load Balancing verwalten.