ATM am Ausbildungsplatz

Eine Million Mark für die Infrastruktur

Mit dieser Entscheidung betrat das BBW Neuland. Da DV-gestütztes Lehrmaterial für Sprach- und Hörgeschädigte nicht von der Stange zu beziehen ist, bleibt nur die Eigenentwicklung - zum Beispiel Lehrvideos, die mit Gebärdensprache ergänzt werden. Als nächstes mußte eine adäquate Netzwerkinfrastruktur geschaffen werden. Ende 1996 führte der DV-Verantwortliche die erste Ausschreibung durch. Die Anbieter, die sich daran beteiligten, schlugen verschiedene Lösungen vor, darunter ein geswitchtes Netz mit ATM im Backbone und Ethernet bis zu den Endgeräten. Einige Hersteller waren mehrfach mit Teststellungen im Haus, mit dem Ergebnis, daß keines der Produkte die Ansprüche an die Bandbreite erfüllen konnte.

Nach mehreren Monaten kam der damalige Netzwerk- und Systemadministrator Uwe Meyer zu dem Schluß, daß er einen neuen Weg einschlagen mußte: ATM bis zum Ausbildungsplatz. Anders hätte sich das neue Lehrkonzept damals nicht realisieren lassen. Und davon konnte Meyer auch die Institutsleitung überzeugen.

Die Folge war eine neue Ausschreibung an rund zehn Anbieter. Das BBW machte dabei eine Reihe von Vorgaben: Vorhandene Systeme waren in die Teststellung mit einzubeziehen. Außerdem mußte eine Erweiterung des Lernmedien-Netzes in den Freizeitbereich der Auszubildenden hinein gewährleistet sein. Ferner waren für die Arbeit mit Videotechnik und dem MPEG-Standard garantierte Bandbreiten zwischen 6 und 15 MBit/s erforderlich. Ein Großteil der Angebote entsprach diesen Anforderungen nicht. Der Test eines Herstellers, bei dem ein Video-Cache ans ATM angeschlossen wurde, lieferte effektiv nur 2 bis 4 MBit/s, obwohl 25 MBit/s im Prospekt standen. Andere Anbieter kamen mit proprietären Lösungen, die das BBW bei der Wahl der Medien-Server und der Endgeräte eingeschränkt hätte.

"Unter allen Angeboten war das von Telemation am überzeugendsten", erinnert sich Meyer rückblickend. Dies hatte einerseits mit dem begrenzten Budget zu tun, das nicht überschritten werden durfte, und andererseits mit dem vorgeschlagenen Netzwerkkonzept, das alle Anforderungen erfüllte.

Im Sommer 1997 war es dann soweit: Das BBW zog in die neuen Gebäude um. In die Kabelinfrastruktur investierte die gemeinnützige Gesellschaft 300 000 Mark, für die aktiven Netzkomponenten weitere 400 000 Mark. Der Medienraum mit einer kompletten Produktionsstrecke für die Erstellung von Lehrvideos schlug mit rund 350 000 Mark zu Buche.

Damit stand die Infrastruktur für das Lernmedien-Netzwerk. Im Werkstattbereich 3 richtete das BBW einen Medienraum ein, in dem die Ausbilder alles nötige für die Erstellung von Lehrvideos finden:

einen Medienserver, einen Videoaufnahme- und -schnittplatz, einen Web-Arbeitsplatz, einen Scan-, Multimedia- und Demo-Arbeitsplatz sowie einen MPEG-Arbeitsplatz, an dem das Prefiltering und die Digitalisierung von Videos in die Formate MPEG-1 und MPEG-2 erfolgen.

Die nächsten Schritte des Ausbaus stehen bereits fest. Auf den Medienserver wird ein zentraler Web-Server aufgesetzt, der Informationen und Dokumente vorhalten soll, die bisher in gedruckter Form vorliegen. Des weiteren will das Bildungswerk ein spezifisches Fachwortlexikon mit multimedialen Inhalten realisieren und über das Netz allen Jugendlichen zur Verfügung stellen.

Allein im Medienraum sind im Endausbau zwölf sogenannte "Lernmedien-PCs" geplant. Für alle Werkstätten sind insgesamt 50 solche Geräte vorgesehen. Und zwar für die Bereiche W1, kaufmännische und CAM-Ausbildung, W2, CAD-Ausbildung, und W4, zentrale Ausbildungsverwaltung (siehe Bild 2).