Webseite öffnet sich für Drittanbieter

AOL will zum Portal werden

Der Dienst AOL hat seine englische Homepage überarbeitet. Künftig sollen Nutzer hier ihr persönliches Portal vorfinden, in das sich auch Dienste von Drittanbietern integrieren lassen, etwa E-Mails von Google, Yahoo oder Hotmail.

AOL hat gestern, Mittwoch, seine US-amerikanische Homepage einem Relaunch unterzogen. Damit sollen verloren gegangene User zurückgewonnen werden. Konnte der Internetriese vor einem Jahr monatlich noch fast 114 Mio. Unique User in den USA begrüßen, waren es in diesem Jahr gut zweieinhalb Mio. weniger. Anstatt weiterhin als Hort der Information zu dienen, wolle man vielmehr als Tor zum Rest des Netzes fungieren, heißt es. Herzstück der neuen Seiten wird sein, dass Nutzer über aol.com auch Zugang zu den E-Mail-Accounts von Google, Yahoo und Hotmail bekommen. Zudem wird sich AOL, ähnlich wie das Versandhaus Amazon, die Surfgewohnheiten seiner User einprägen. Wenn jemand also häufig Wirtschaftsmeldungen ansieht, dann werden diese ihm zukünftig gleich auf der Startseite präsentiert werden, so das Konzept.

Die große Hoffnung von AOL hinter dem Relaunch ist, sich als Netzwerker zwischen einzelnen Websites positionieren zu können und damit wieder mehr Traffic auf der eigenen Seite zu generieren. Neben einer erhöhten Zahl an Unique Usern erhofft man sich auch eine längere Verweildauer der User auf der Seite. Dazu beitragen sollen Updates für beleibte Social Networks wie Facebook, die sich zukünftig von der AOL-Homepage herunterladen lassen. "Mit diesem neuen E-Mail-Service wird unser Unternehmen das erste unter den traditionellen Portalen sein, das ein zentrales E-Mail-Erlebnis anbietet", sagt Bill Wilson, Executive Vice President of Programming AOL. "Wir wissen, dass Konsumenten heute multiple E-Mail-Accounts bei verschiedenen Anbietern haben und wir möchten deren Bearbeitung für sie leichter machen."

Fraglich bleibt jedoch, ob sich aus dem erhofften Traffic-Zugewinn auch Werbeumsätze generieren lassen. Zwar ist der US-amerikanische Werbemarkt im zweiten Quartal um 20 Prozent gewachsen, doch ist dieser Anstieg vor allem auf die sogenannten Search Ads (Suchmaschinenwerbung) zurückzuführen. Mit Search Ads werden nach Analystenangaben in diesem Jahr mehr als zehn Mrd. Dollar verdient werden, mit den klassischen Werbeanzeigen (Display Ads) hingegen nicht einmal die Hälfte. Aber genau auf diese Form der Werbung setzt AOL seit Jahren. Von daher muss es nicht verwundern, dass die Werbeeinnahmen beim einstigen Branchenprimus im zurückliegenden Quartal um nur 1,5 Prozent wuchsen, nachdem man in den vier vorhergehenden sogar Umsatzrückgänge hinnehmen musste.

"Es ist sehr wichtig, dass AOL es jetzt schafft seine Werbeprobleme in den Griff zu bekommen", meint Michael Nathanson, Analyst bei Bernstein Research. "Das Problem ist nicht der Traffic, sondern dass AOL zu wenig Geld verdient." AOLs Mutterkonzern Time Warner hatte kürzlich erst angekündigt, dass das Internetunternehmen im zweiten Halbjahr den Turn-Around schaffe solle. Um diesen zu schaffen, wird es auf der neuen Seite neben klassischen Banner- und Displaywerbeplätzen auch prominent platzierte Fotogalerien und Videoplayer geben, in denen interaktive Werbung geschaltet werden kann. (pte/mja)