Schutz gegen Entwickler-Ausfall

Anbieter pleite, Quellcode weg

Fällt der Lieferant betriebskritischer Applikationen dauerhaft aus, ist die kontinuierliche Wartung und Pflege der Enterprise-Software gefährdet. Software-Escrow kann den Zugang zum Quellcode gewährleisten, wenn im Vorfeld Vorkehrungen für den Fall der Fälle getroffen wurden.

Viele Anwendungen - ob standardisiert, angepasst oder eigens entwickelt - sind für den reibungslosen Betrieb moderner Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Dabei werden den Kunden in der Regel nur die Nutzungsrechte am Programm eingeräumt. Wartung und Weiterentwicklungen leistet der Lieferant gegen Gebühr, und der für diese Änderungen notwendige Quellcode bleibt unter Verschluss - verständlich, denn er enthält exklusives Know-how und bildet die Geschäftsgrundlage des Anbieters.

Wenn jedoch der Lieferant und damit seine Wartungsleistungen ausfallen, dauert es nicht lange, bis aus einer "Herausforderung" für das Management ein ernstes Problem wird. Schließlich stehen die meisten Kunden unter dem Druck, ihre Applikationen permanent an neue Prozesse, Richtlinien oder Rahmenbedingungen anzupassen. Folglich haben Anwenderunternehmen ein vitales Interesse daran, im Fall der Fälle an den Quellcode zu kommen, um die Programme auch ohne den Lieferanten warten und aktuell halten zu können.

Mit einer einvernehmlichen Hinterlegung des Source-Codes ("Software-Escrow") bei einer neutralen Institution zu Beginn der Vertragsbeziehung kann der Lizenznehmer die Grundlage dafür schaffen, um das Ausfallrisiko seiner wichtigsten Programme deutlich zu senken. Wird der Lieferant insolvent oder kommt es zu anderen Komplikationen, hat der Kunde kaum Chancen, seinen vermeintlichen Anspruch gegenüber einem Insolvenzverwalter durchzusetzen. Dieser kann die Herausgabe des Codes aus der Insolvenzmasse an einen Dritten verweigern, da er nur dem Schutz der Gläubiger verpflichtet ist. Der Quellcode ist jedoch geistiges Eigentum - damit bildet er einen Wert, der im Sinne der Gläubiger noch verkauft werden könnte. Somit dient der unabhängige Zugriff auf den Quellcode über Software-Escrow als Investitionsschutz und als Mittel zur Risikominimierung.

Der Hintergrund von Software-Escrow

Das klassische Software-Escrow leitet sich vom Altfranzösischen Wort für "Schriftrolle" ab und wurde vor rund 30 Jahren in den USA entwickelt. Grundlage ist das Modell der doppelten Treuhand. Hierbei schließen ein Anwenderunternehmen (Lizenznehmer - Beneficiary) mit dem Software-Lieferanten (Lizenzgeber - Depositor) sowie dem neutralen Escrow-Agenten einen Vertrag, in dem mögliche Gründe für die Herausgabe der Software beziehungsweise deren Quellcode festgelegt sind.

Sollte der Entwickler nicht mehr in der Lage oder willens sein, die Software zu warten, kann der Anwender durch den Quellcode den Stand der Software weiternutzen, der bei ihm im Zeitpunkt der Wartungsunterbrechung produktiv eingesetzt wurde. Das Risiko-Management im klassischen Lizenzmodell hat somit zum Ziel, die Wartbarkeit aus Sicht des Anwenders mittel- und langfristig zu sichern.