AWS-Messe Re:invent

Amazon startet Offensive in der Public Cloud

Absage an Private Cloud

Eine Initiative fehlt allerdings im AWS-Angebot, und das wird auch so bleiben, wie auf der Re:invent deutlich wurde: Modelle und Angebote für das gerade in Deutschland so geschätzte Private-Cloud-Computing bleiben tabu. Alle AWS-Verantwortlichen stellten in klar, dass dies nicht der Weg von Amazon sein werde - im Gegenteil: "Archaisch" war das Wort, dass Jassy und Kollegen im Zusammenhang mit Private Cloud immer wieder nutzten. Das Firmen- beziehungsweise kundeneigene Data Center hat in Amazons Plänen keinen Platz.

Der deutsche Markt zickt

Während hierzulande viele Firmen im Private-Cloud-Modell die Antwort auf allgegenwärtige Sicherheitsfragen sehen, setzt Amazon ohne Wenn und Aber auf die Public Cloud - sowohl was Infrastruktur- als auch Plattformdienste betrifft. So verwundert es nicht, dass viele deutsche Consulting-Partner von AWS in ihren Webauftritten Amazon gar nicht oder nur unauffällig als Referenz oder Industriepartner nennen. Und das ist schon beachtlich: Amazon zählt in Deutschland eine dreistellige Partnerzahl.

Dabei tut Amazon für die Sicherheit nicht weniger als andere US-Anbieter. AWS bietet etliche State-of-the-Art-Sicherheitsmodelle für sein IaaS- und PaaS-Angebot an, Kunden können sich für Serverdienste ausschließlich aus dem europäischen Rechtsraum entscheiden. Dazu kommen Verschlüsselungsmöglichkeiten für abgelegte Daten und eine Reihe weiterer Features.

Amazons schlechtes Image in Deutschland

Keine Frage, Amazon hat in Deutschland kein besonders gutes Image. Die Diskussion um Arbeitsbedingungen in den Auslieferungslagern des Online-Händlers hat sicher dazu beigegetragen. Auf der anderen Seite schätzen die Kunden aber auch hierzulande die günstigen Preise: Erwirtschaftete Gewinne werden gleich wieder in Preissenkungen gesteckt - seit dem AWS-Start im Jahr 2006 wurden die Preise 38 mal gesenkt.

Dazu kommt die hohe Flexibilität und Schnittstellenstärke des Angebots - etwa im Vergleich zum Wettbewerber Microsoft, der allerdings ebenfalls nachgezogen hat und seine Cloud-Plattform Azure erst vor wenigen Monaten deutlich ausgebaut und vergünstigt hat. In Sachen Flexibilität, da sind sich Kunden wie Marktbeobachter einig, sind jedoch die Amazon-Angebote nahezu konkurrenzlos.

Deutsche Partner neigen dazu, ihre Zusammenarbeit mit Amazon nicht an die große Glocke zu hängen, auch wenn es hierzulande einige Kunden von Rang gibt, beispielsweise die Hotelkette Kempinski. Der Probleme in Deutschland scheint man sich bei Amazon bewusst zu sein und versucht, gegenzuwirken: So war es sicher kein Zufall, dass sich Amazon ausgerechnet den Standort Deutschland für die Gründung eines AWS-Entwicklungszentrums in Europa auswählte.

Da Amazon ohnehin kaum Zahlen zum AWS-Geschäft veröffentlicht - die geschätzten drei bis vier Milliarden Umsatz für 2013 stammen von externen Analystenhäusern - gibt es natürlich auch zum deutschen Geschäft keine Zahlen. Klar ist aber: Im weltweiten und im deutschen IaaS-Markt ist Amazon unangefochten vorn, wie Marktforscher immer wieder bestätigen. Nicht viel anders sieht es im PaaS-Markt aus - auch hier liegt Amazon gemeinsam mit Salesforce.com, Microsoft und Google laut einer Erhebung der Experton Group in Deutschland an der Spitze. Hier helfen offenbar die vielen Technologieschnittstellen - etwa in die SAP-Welt.