10-Gigabit-Ethernet wird Realität

Details zur physikalischen Schicht von 10GE

Die Mitglieder von 802.3ae haben inzwischen die Phase des Ideensammelns abgeschlossen und beginnen, Alternativen zur konkreten Umsetzung zu prüfen. Dieses Stadium ist besonders für die Chiphersteller kritisch. Sie müssen abschätzen, welche Vorschläge sich durchsetzen werden und bereits jetzt mit der Entwicklung entsprechender ICs beginnen. Mehrere Halbleiterhersteller, große Firmen wie auch Startups, arbeiten mit Hochdruck an optischen Komponenten und den Vermittlungs-ICs. Erste Exemplare könnten bereits Ende des Jahres vorliegen. Die Task Force hat zwar eine wichtige Schnittstelle noch nicht festgelegt, aber relativ konkrete Vorschläge für das XGMII-Interface erarbeitet, also die Schnittstelle zwischen MAC (Media Access Controller) und Physical Layer.

Die physikalische Schicht (Physical Layer oder PHY) von 10- Gigabit-Ethernet entspricht nahezu der von Fast- und Gigabit-Ethernet. Die Chiphersteller integrieren heute alle entsprechenden Funktionen in einen IC, den Physical-Layer-Baustein. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Vorschlägen hat die IEEE-Gruppe das Schnittstellenmodell für 10GE nochmals überarbeitet. So fügten die Spezialisten die beiden XGXS-Schichten hinzu. Sie definierten hier zum einen das bereits erwähnte XGMII-Interface, eine Schnittstelle mit 32 Bit pro Datenrichtung. Sie erlaubt nur eine kurze Entfernung zwischen den Bausteinen, kommt aber noch mit herkömmlichen CMOS/TTL-Pegeln aus. Zum anderen legten sie das XAUI-Interface fest, eine serielle Schnittstelle auf ECL-Basis, mit vier Leitungspaaren pro Datenrichtung, die bis zu 50 Zentimeter auf einer Platine überbrücken kann. Die Datenrate beträgt dabei etwas über 3 GBaud pro Paar.

Somit hat die Gruppe ein Schnittstellenmodell vorgelegt, das es den Herstellern der MAC-Chips ermöglicht, ihre Bausteine auf Basis herkömmlicher CMOS-Technik zu de-signen, weil die serielle Übertragung in die XGXS-Schicht verlagert wurde. Das ist auch für die Firmen akzeptabel, die Bausteine für die restlichen Ebenen liefern sollen. Denn die müssen sich in jedem Fall mit einer Technik für die schnelle serielle Datenübermittlung auseinandersetzen, und hier ist nach wie vor Silizium-Germanium in Gespräch. Natürlich lässt sich das XAUI-Interface einsparen, wenn keine langen Übertragungswege auf den Platinen erforderlich sind.

Für die Hersteller von Netzwerkkomponenten und eventuell auch für den Endanwender ist von Vorteil, wenn in einem Halbleiterbaustein sowohl die LAN- als auch die WAN-Funktionen angeboten werden. Aus diesem Grunde versucht die 10GE-Gruppe, den für die Weitverkehrsfunktionen notwendigen Sonet-Wandler als Zwischenebene (WIS = WAN Interface Sublayer) in den Physical-Layer-Baustein zu integrieren. Der Anwender nutzt dann bei Bedarf diese Ebene, je nachdem, ob WAN- oder LAN-Betrieb gewünscht wird. In der Zwischenebene werden dann Ethernet-Pakete in Sonet-Rahmen umgepackt.

Aufschlussreich war eine Umfrage unter den Teilnehmern der Tagung bezüglich der Übertragung auf der physikalischen Ebene. Wie bereits beschlossen, soll es bei 10-Gigabit-Ethernet (10GE) zwei Datenraten geben: 10 GBit/s für den LAN-Bereich und 9,58464 GBit/s für Weitverkehrsnetze. Die Mehrzahl der Teilnehmer vertrat die Meinung, dass ein Baustein zu bevorzugen ist, der beide Modi unterstützt, auch wenn dieser im Gegensatz zu zwei ICs um bis zu zehn Prozent kostspieliger sein dürfte.